Nationalpark: Bürger fordern, Chancen zu nutzen

Morbach · Wenn man schon vermeintliche Nachteile in Kauf nehmen muss, soll man sich nicht auch noch den Vorteilen verschließen: Nach diesem Motto fordern erste Stimmen, dass sich Morbach mit dem Nationalpark auseinandersetzen soll. Doch konkrete Schritte sind bei der Einheitsgemeinde bisher offenbar nicht geplant.

Morbach. Welche Aktivitäten startet die Einheitsgemeinde Morbach im kommenden Jahr, um die Tourismusbranche nach vorne zu bringen? 2013 waren die Übernachtungszahlen noch um 5,88 Prozent zurückgegangen, im Bereich der Hunsrück-Touristik war es ein Rückgang von 5,3 Prozent (der TV berichtete).
In diesem Jahr meldet Pressesprecherin Iris Müller für den Zeitraum von Januar bis August einen weiteren Rückgang von zehn Prozent bei den Gästen und fünf Prozent bei den Übernachtungen. Für Morbach nennt sie einen moderaten Rückgang von 5,8 Prozent bei den Gästen und 5,1 Prozent bei den Übernachtungen.Ministerium hält Tür offen


Die neue Morbacher Tourismus-Chefin Franziska Fleckser hat die geplanten Vorhaben der Einheitsgemeinde für 2015 dem Fremdenverkehrsausschuss vorgestellt. Traumschleifen sollen zertifiziert, Wanderkarten und gemeinsame Wander- und Genusswochen mit den Nachbargemeinden Birkenfeld und Thalfang organisiert werden.
Doch ein Thema erwähnen Fleckser, Bürgermeister Andreas Hackethal und die Ausschussmitglieder bei der Vorschau auf das kommende Jahr nicht: den Nationalpark Hunsrück-Hochwald, obwohl dieser an Pfingsten 2015 am Erbeskopf offiziell eröffnet wird.
In Morbach hat man den Nationalpark lange wegen befürchteter negativer Auswirkungen auf die ansässige Holzindustrie abgelehnt. Aber inzwischen tauchen die ersten Stimmen auf, dass man die Entwicklung nicht ignorieren darf. "Der Nationalpark kommt, also müssen wir das Beste daraus machen, damit wir auch übernachtungsmäßig davon profitieren", sagt der Morbacher Hotelier Manfred Armbruster, der auch Vorstandsmitglied im Morbacher Gewerbe- und Verkehrsverein ist. "Wenn wir den Nationalpark nicht aufhalten können, müssen wir sehen, dass wir dabei sind", sagt er.
Der Metzgermeister Klaus Gauer-Kneppel, engagiert bei der Hunsrücker Regionalmarke Ebbes von Hei!, sagt, er sei auch gegen den Nationalpark gewesen. Doch dieser sei nun mal da, und die Morbacher müssten jetzt über ihren Schatten springen. "Aber es passiert nichts, und so langsam habe ich das Gefühl, wir treten nur auf einer Stelle, und irgendwann ist der Zug für Morbach abgefahren", fürchtet er.
"Wenn der Nationalpark kommt, sollte man sich beteiligen, es könnte eine Chance für den Tourismus sein", sagt der Hundheimer Ralf Weber. Das für den Nationalpark zuständige Umweltministerium hält für die Einheitsgemeinde weiter eine Tür offen: "Wir haben Morbach nie ausgeschlossen", sagt Pressesprecherin Stefanie Lotz. Voraussetzung für die Aufnahme in die Nationalparkregion sei ein Beschluss der Gemeinde sowie ein schriftlicher Antrag. Zudem müsse die kommunale Nationalparkversammlung zustimmen. Welchen konkreten Beitrag Morbach leisten kann, müsse in der Gesamtentwicklung der Region betrachtet werden.
Die Themen Kelten (Archäologiepark Belginum), Holz (Industrie und Hunsrücker Holzmuseum) als auch Edgar Reitz und Heimat würden gut in die Angebotsstruktur der Nationalparkregion passen, sagt Lotz.
Morbach will sich der Gesamtentwicklung nicht versperren, sagt Hackethal. "Wir schauen, wie wir uns künftig positionieren", sagt er. Doch das Land müsse noch die Rahmenbedingungen für den Nationalpark konkretisieren.
Morbach habe thematisch viel zu bieten. Deshalb gehe der Weg nicht an der Einheitsgemeinde vorbei, sagt der Bürgermeister. Hackethal: "Die Region Morbach ist viel zu interessant und wird deshalb an der Entwicklung teilhaben."Meinung

Endlich raus aus der Schmollecke!
Es gibt sicher gute Gründe gegen einen Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Da sind nicht nur die Sorgen der Sägewerksbetriebe und deren Mitarbeiter rund um Morbach. Der Landesregierung ist es nicht gelungen, überzeugend darzustellen, was in dieser Region wirklich so einzigartig ist, dass es eine solche Einrichtung rechtfertigt. Spätestens nach der Entscheidung der Landesregierung, ein solches Schutzgebiet einzurichten, hätte den Verantwortlichen klar werden müssen, dass ein "Ja, aber" sinnvoller gewesen wäre als ein "Nein". Denn im ersten Fall hätten die Morbacher in vielen Punkten eine Mitsprachemöglichkeit gehabt. So bleiben sie außen vor, bekommen die negativen Auswirkungen dennoch zu spüren. Es wird nicht mehr lange dauern, bis touristische Betriebe auch in der Einheitsgemeinde mit der Nationalparknähe werben. Sie haben auch allen Grund dazu. Schließlich gehen die Übernachtungszahlen immer weiter zurück. Jetzt gilt es, endlich aus der Schmollecke herauszukommen. In Mainz stehen die Türen offenbar noch offen. Das haben Politiker immer wieder versichert. Es ist höchste Zeit, diese Chance zu ergreifen. i.rosenschild@volksfreund.de

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