Neun kleine Orte des Gedenkens

Thalfang · Zwei Jahre lang hat der Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang für die Verlegung von sogenannten Stolpersteinen geworben. 21 Namen von Opfern des Naziterrors sind jetzt unauslöschlich im Pflaster zu lesen. Realschüler erarbeiteten dazu eine Ausstellung. Elmar Ittenbach veröffentlicht ein Buch zum Thema.

 Gunter Demnig setzt Stolpersteine vor der ehemaligen Synagoge in Thalfang. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Gunter Demnig setzt Stolpersteine vor der ehemaligen Synagoge in Thalfang. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Thalfang. Zwei Jahre kann es dauern, bis der Kölner Künstler Gunter Demnig in einen Ort kommen kann, um sogenannte Stolpersteine in das Pflaster von Bürgersteigen zu verlegen. So gefragt ist er inzwischen. Genauso lange hat der Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang für diese kleinen Orte des Gedenkens geworben. 32 000 Stolpersteine hat Demnig bereits an 672 Orten in ganz Europa verlegt, und erntete damit nicht nur Zustimmung: "Sogar drei Morddrohungen habe ich bekommen."
21 Namen sind in Messing auf Pflastersteinen zu lesen. Genau dort, wo die Thalfanger jüdischen Glaubens einst lebten und arbeiteten. "Stolpern sollen die Leute nicht mit ihren Füßen, sondern mit dem Geist und dem Herzen", sagte Demnig nach seiner Arbeit, denn seine kleinen Gedenksteine setzt er alle selbst ein.
Rund 100 Menschen waren gekommen, darunter auch die neun Paten, mit deren Hilfe die Stolpersteine im Wert von fast 2000 Euro finanziert werden konnten, und die sie auch sauber halten wollen. An jeder Stelle, wo jetzt Stolpersteine messingfarben aus dem Pflaster strahlen, wurden grausige Schicksale vorgetragen.
Frank Hürtgen vom Arbeitskreis begrüßte die Teilnehmer in der Friedhofstraße. Dort, wo einst die Synagoge stand: "Vor 70 Jahren hat die systematische Deportation von Juden begonnen." Am 16. Oktober 1941 seien die ersten Züge in Richtung Tod nach Osten gerollt. Die Stolpersteine sollen mahnen und Mut machen, die Unterdrückung von Minderheiten nicht zuzulassen, sagte Hürtgen.
Ein Zeitzeuge, Hans-Werner Petri, war Nachbar von Lion Simon Schwarz, der den Terror überlebte. "Ich finde diese Form des Gedenkens gut", sagt der heute 80-Jährige und fügt hinzu: "Ich bin nie über die Schande, die von den Nazis über Deutschland gebracht wurde, hinweggekommen."
Der 72-jährige Horst Hubert kann sich noch gut an die üppigen Malereien in der Synagoge erinnern: "Mit diesem Gotteshaus ist auch ein großes Kunstwerk verloren gegangen."
Elmar Ittenbach steht kurz vor der Vollendung seines Buches "Jüdisches Leben in Thalfang - Geschichte und Schicksale", das am 1. Dezember um 19.30 Uhr im Haus der Begegnung vorgestellt wird. Die Verlegung der Stolpersteine ist das Kapitel, das nicht fehlen darf.
Gemeinsam mit Schülern der Erbeskopf-Realschule plus erarbeitete der pensionierte Lehrer eine Ausstellung mit Fotos und Dokumenten über 200 Jahre jüdisches Leben in Thalfang, die noch bis zum 9. November im Foyer des Hauses der Begegnung zu sehen ist.
Nachdem die Stolpersteine verlegt waren, gab es eine Feierstunde. Ittenbach spielte Gitarre, Grundschüler sangen, Hilde Weirich trug Briefe von jüdischen Angehörigen vor und Rabbi Gary Davidson von der Ramstein AirBase sprach jüdische Gebete mit der Lobpreisung Gottes und dem Totengedenken. Darin wird Gott gebeten, sich um die Toten zu kümmern. dothExtra

Diese Menschen bekommen ihre Namen zurück: Ehepaar Max Simon, Friedhofstraße 10; Familie Lazarus, Hauptstraße 22; Familie Samuel, Hauptstraße 33; Ehepaar Moritz Simon, Hauptstraße 27; Irma Bonem, Hauptstraße 15; Rosa Simon, Im Eck; Geschwister Thal, Im Eck; Isidor Simon, Lückenburger Straße 4; Ludwig und Emma Simon, geb. Levy, Bahnhofstraße 23. Über seine Arbeit informiert Gunter Demnig im Internet unter www.stolpersteine.eu. doth

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