Uni spricht von Missverständnis

Hunsrück · Die Anatomie der Universität Heidelberg stellt seit langem das Skelett des Hunsrücker Räuberhauptmanns Schinderhannes aus. Der Heimatforscher Rainer Thielen hat jetzt nachgewiesen: Die ausgestellten Knochen sind nicht die des berüchtigten Räubers.

Hunsrück. Das Thema Schinderhannes interessiert immer noch viele Menschen. Dies beweist der Blick ins Internet: Wer die Suchmaschine Google das Netz nach dem Stichwort "Schinderhannes" durchforsten lässt, erhält ungefähr 328 000 Ergebnisse. Allerhand Mythen und Legenden ranken sich um den berühmt-berüchtigten Räuberhauptmann aus dem Hunsrück. Aber: Vieles von dem, was durch die Weiten des Internet schwirrt, ist ungenau, übertrieben - oder schlicht falsch.
Der Wahrheit auf der Spur


Der Rehborner Heimatforscher und Schinderhannes-Experte Rainer Thielen hat sich zum Ziel gesetzt, falsche Erzählungen über den Räuberhauptmann geradezurücken und bei der Gelegenheit ein paar grundsätzliche Erkenntnisse über den Schinderhannes zusammenzufassen.
Zum Beispiel unterhält derpensionierte Studiendirektor Rainer Thielen seit dem Jahr 2006 mit der Universität Heidelberg wegen des dort ausgestellten angeblichen Schinderhannes-Skeletts einen Briefwechsel.
Sein Verdacht: Die ausgestellten Knochen gehören gar nicht zum echten Schinderhannes. Im Sommer dieses Jahres gestand Professor Joachim Kirsch dem Räuber-Forscher in einem Brief unmissverständlich ein, dass der Schädel nicht von Schinderhannes stammt: "Dieser Schädel ist nicht identisch mit dem derzeit auf dem mutmaßlichen Schinderhannes-Skelett montierten Schädel. Auch passt der derzeit auf dem Skelett montierte Schädel farblich nicht zum übrigen Skelett." In einer pfälzischen Zeitung erklärte Professor Kirsch: "Dass der Schädel fehlt, wissen wir seit über 100 Jahren."
Rainer Thielen bohrte weiter und behauptete - gestützt von Erkenntnissen anderer Schinderhannes-Forscher - nicht nur der Schädel sei unecht, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auch das übrige Skelett.
"Die Anatomie der Uni Heidelberg wehrte sich wie die Katze im Sack und brach den Schriftverkehr ab", berichtet Thielen. An dem in der anatomischen Lehrsammlung ausgestellten Skelett änderte sich nichts. Es trage auch heute noch den Hinweis "Das Skelett des Räuberhauptmanns Schinderhannes".
Daraufhin wendete sich der Rehborner Heimatforscher an den Rektor der Uni Heidelberg, Professor Eitel, der die Universität nach innen und außen vertritt. Vor wenigen Tagen kam Post vom Dezernat Recht und Gremien. Die zuständige Dezernentin Cornelia Stöcklein schreibt von "etwaigen Missverständnissen". Der Universität sei bekannt, "dass derzeit nicht mit Bestimmtheit gesagt werden kann, ob es sich um das Skelett des Schinderhannes handelt oder nicht".
Die Mitarbeiter wiesen bei Führungen "ausdrücklich auf diese Ungewissheit hin", so Stöcklein. Rainer Thielen schrieb nun erneut an den Uni-Rektor und listete ihm die Aussagen von Professor Kirsch über die Bestätigung des unechten Kopfs auf. Von "etwaigen Missverständnissen" könne keine Rede sein.
Darüber hinaus schrieb Thielen: "Wenn Mitarbeiter bei Führungen auf die ,Ungewissheit\' (sehr milde formuliert) hinweisen, sollte man diese Information auch den übrigen 99 Prozent der Nutzer des Internets zukommen lassen und den Hinweis ,Das Skelett des Räuberhauptmanns Schinderhannes\' entfernen. Der zugegeben falsche Schädel kann doch nicht unerwähnt bleiben."
Schinderhannes\' Totenruhe


Abschließend bittet er: "Sie vertreten die Uni Heidelberg nach innen und außen. Helfen Sie bitte mit, die Uni aus den negativen Schlagzeilen in der Schinderhannes-Forschung zu bringen. Gönnen Sie dem Schinderhannes die Totenruhe! Der 210. Todestag am 21. November 2013 wäre doch ein guter Anlass dafür." red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort