Ärzteschwund im Hunsrück

Der Hunsrück wird vom erwarteten Ärzteschwund besonders betroffen sein. Für 2020 rechnet Günter Gerhardt, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, damit, dass mindestens jeder zweite Mediziner fehlt. Das sagte er in einer Veranstaltung in Morbach.

 Ärzte und Patienten sollen sich gemeinsam für eine bessere Gesundheitspolitik einsetzen, sagte Günter Gerhardt, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, in Morbach. Das Foto zeigt Hausarzt Tobias Kühne mit seinem Patienten Heinz Bastian. TV-Foto: Klaus Kimmling

Ärzte und Patienten sollen sich gemeinsam für eine bessere Gesundheitspolitik einsetzen, sagte Günter Gerhardt, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, in Morbach. Das Foto zeigt Hausarzt Tobias Kühne mit seinem Patienten Heinz Bastian. TV-Foto: Klaus Kimmling

Morbach. Ein ungewöhnlicher Besuch im Morbacher Hochwaldcafé. Günter Gerhardt, der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Rheinland-Pfalz, hatte zu einer Veranstaltung eingeladen. Das Thema: "Die Zukunft der hausärztlichen Versorgung auf dem Land". Und er brachte schlechte Nachrichten mit: Die niedergelassenen Ärzte im Land sind durchschnittlich 58 Jahre alt. Und bis zum Jahr 2020 wird sich ihre Zahl halbieren. Und diese Entwicklung kann sich im Raum Morbach sogar noch schlechter darstellen. "Ihre Region ist besonders betroffen", nahm der KV-Chef, dessen Vereinigung für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zuständig ist, kein Blatt vor den Mund. Denn Mediziner, die sich niederlassen wollen, "gehen nicht in ländliche Regionen wie Eifel, Hunsrück und Westerwald".

Rund um Morbach sei man derzeit in einer komfortablen Lage, sagte Bernd Dalheimer, Allgemeinmediziner in Kempfeld. Er weiß aus Norddeutschland, dass Patienten dort bis zu 70 Kilometer zum nächsten Arzt fahren müssen. Aber warum wollen die Mediziner nicht aufs Land?, wollen Zuhörer wissen. Kriterien für die Ansiedlung sind unter anderem vorhandene Schulen und Kindergärten. Wichtig sei allerdings auch die Frage, wie häufig er oder sie mit dem hausärztlichen Notdienst dran sei. Da sei ein Standort in der Großstadt einfach atttraktiver, erklärte Kinderarzt Christian Wantzen aus Bernkastel-Kues. Der Punkt ist allerdings in Morbach geregelt. Für den Bereich gibt es den hausärztlichen Bereitschaftsdienst in Birkenfeld.

Auch die Abwanderung von Medizinern ins Ausland war Gegenstand der Diskussion. Von den Studienabgängern beabsichtigten laut Gerhardt zunächst 60 Prozent, ins Ausland zu gehen. Ob sie dort dauerhaft bleiben, sei die andere Frage. "Warum kann man Ärzte nach der teuren Ausbildung nicht verpflichten, einige Jahre in Deutschland zu arbeiten?", fragte Hermann Catrein aus Morbach. Wenn sich im Gesundheitssystem etwas ändern soll, sieht Gerhardt nur einen Weg. Er forderte die rund 40 Zuhörer auf, ihren Einfluss geltend machen. "Jetzt wissen wir, dass wir was tun müssen, aber was?", fragte Brigitte Heintel, Beigeordnete der Gemeinde. Wantzen empfahl, sich in Selbsthilfegruppen und Patientenverbänden zu engagieren. Gerhardt hat einen weiteren Vorschlag: "Sprechen Sie mit Ihrem Abgeordneten!"

Meinung

Alarmierende Zahlen

In zehn Jahren gibt es in Morbach wahscheinlich nur noch halb so viele Ärzte wie heute. Angesichts der derzeit guten Versorgung ist das kaum vorstellbar, aber in jedem Fall beängstigend. Dass der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung mit einer solchen Botschaft in den Hunsrück kommt, ohne konkret zu wissen, wie Abhilfe geschaffen werden kann, ist mutig. Er will auf das Problem aufmerksam machen. Allerdings: In Morbach ist es bereits erkannt. Schließlich wurde genau aus dem Grund der hausärztliche Bereitschaftsdienst eingeführt. Und dennoch: Jeder Hebel muss in Bewegung gesetzt werden, um die beschriebene Situation zu verhindern: von Ärzten, von Patienten und natürlich auch von der Politik. i.rosenschild@volksfreund.deExtra Kassenärztliche Vereinigung in Rheinland-Pfalz: Der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz gehören 7000 Kassenärzte und Psychotherapeuten an, die gesetzlich Krankenversicherte behandeln. Die Körperschaft des Öffentlichen Rechts soll die ärztliche Versorgung für die 4,1 Millionen Bürger des Landes sicherstellen.Sie vertritt die Interessen der Ärzte und unterstützt sie im Praxisalltag. Für ihre Mitglieder verhandelt sie mit den Krankenkassen über Honorare. (iro)

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