Abflug im Herbst

Zum Jahreswechsel rumorte es bei der Hunsrück-Touristik GmbH hinter den Kulissen mächtig. Die Auseinandersetzung drehte sich um den künftigen Standort der Gesellschaft. Vor drei Wochen wurde die Entscheidung für den Standort am Regionalflughafen spruchreif (der TV berichtete). Inzwischen haben sich die Wogen offenbar geglättet.

Erbeskopf/Lautzenhausen. Die Hunsrück-Touristik GmbH kann ihren neuen Briefkopf mit einer Adresse am Regionalflughafen in Auftrag geben. Vor drei Wochen votierten Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung für den Umzug. Die Beschlüsse fielen einstimmig.

Die neuen Räume für die fünf Mitarbeiter der Regionalagentur unter der Leitung von Jörn Winkhaus sind deutlich größer als bisher. Statt 55 Quadratmeter im Hunsrückhaus am Erbeskopf sind es künftig nach Angaben des Aufsichtsratsvorsitzenden Bertram Fleck, in Personalunion Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, mehr als 80 Quadratmeter - und zwar im Gebäude 663 am Airport in unmittelbarer Nachbarschaft der Geschäftsräume der Flughafen-Gesellschaft.

Mehr Kontakte, besseres Image



Fleck machte einmal mehr gegenüber dem TV deutlich, dass aus seiner Sicht der Umzug nicht zwingend sei. Dennoch begrüßte er die Entscheidung. Der Sitz in der Nähe des Regionalflughafens mit mittlerweile 4,1 Millionen Passagieren und rund 290 000 Tonnen Fracht, zahlreichen Geschäften und inzwischen mehr als 3100 Beschäftigten biete bessere Kontaktmöglichkeiten zu Reiseveranstaltern oder zu den inzwischen elf Büros osteuropäischer Länder im Mittel-Ost-Europa-Zentrum sowie zur Flughafengesellschaft selbst.

Der Sitz einer solchen Agentur an einem "internationalen Verkehrsflughafen" sei auch aus Imagegründen von Vorteil. Und der "Draht" ins weltweite Netz sei mit dem DSL-Anschluss am Flughafen schneller und preisgünstiger.

Aus Flecks Sicht gibt es aber einen Haken bei der Geschichte. Der Zweckverband hatte der Hunsrück-Touristik die Räumlichkeiten kostenfrei überlassen. Das werde am neuen Standort nicht möglich sein. Allerdings habe die Flughafengesellschaft "sehr akzeptable Konditionen". Zum Ausgleich für Nebenkosten, die der Zweckverband ebenfalls nicht in Rechnung gestellt hatte, beschlossen die Gremien eine einmalige Entschädigung. Über die Summe mochte Fleck nicht sprechen. Nach TV-Informationen handelt es sich um 13 000 Euro.

Für Hans-Dieter Dellwo ist die Sache klar. Der Zweckverband wolle die Räume im Hunsrückhaus künftig selbst nutzen, argumentierte der Zweckverbandsvorsteher und VG-Bürgermeister in Thalfang. Eine Entscheidung über die künftige Nutzung sei noch nicht gefallen. Dellwos Stellvertreter im Zweckverband und Amtskollege in Morbach, Gregor Eibes, argumentiert ähnlich und macht Eigenbedarf für den Zweckverband geltend. Deshalb sei die Entscheidung nach wie vor "völlig o.k". Eibes Amtskollege in Hermeskeil hat dagegen seine Meinung geändert. Im Dezember vergangenen Jahres hatte es keinen einstimmigen Beschluss gegeben. Michael Hülpes hatte damals als Einziger gegen den Umzug votiert. er sei von der Kehrtwendung Dellwos "überrascht" gewesen, der in der Vergangenheit stets eine Lanze für den Standort Erbeskopf gebrochen hatte. Hülpes: "Diesmal habe ich zustimmen können, weil akzeptable Konditionen ausgehandelt wurden."

Werner Angsten, VG-Bürgermeister aus Kell am See, war um den Jahreswechsel ähnlich wie Hülpes über den Rückzug "verwundert und befremdet". Angsten sieht allerdings keinen Grund, am Standort Erbeskopf festzuhalten, wenn der Hausherr ihn selbst aufgebe.

Wie die Räume im Hunsrückhaus künftig genutzt werden, bei der Frage hält sich Dellwo bedeckt. Der Zweckverband wird sich in seiner nächsten Sitzung am 27. August damit befassen.

Meinung

Keine Zerreißprobe

Der Umzug der Regionalagentur an den Flughafen Frankfurt-Hahn hat einen faden Beigeschmack. Der Ausgangspunkt der ganzen Debatte war - im Klartext - ein Ultimatum. Die Simmerner hatten gedroht, aus der Gesellschaft auszusteigen, wenn die Hunsrück-Touristik nicht an den Regionalflughafen umzieht. Zwar sind inzwischen zwei Jahre ins Land gegangen, aber zumindest die "Erbes kopf-Fraktion" wird die Vorgehensweise nicht so schnell vergessen. Für den höchsten Berg von Rheinland-Pfalz bedeutet dies vor allem einen Imageverlust. Die Regionalagentur wird in wenigen Wochen die Koffer gepackt haben. Ein neues Nutzungskonzept ist noch nicht in Sicht. Und das, obwohl es erklärtes Ziel von Zweckverband und "kommunaler Familie" ist, den Erbeskopf weiter voranzubringen. Mit der Entscheidung, diese Räumlichkeiten freizugeben, hat sich VG-Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo nicht nur Freunde gemacht. Sein Amtskollege in Hermeskeil, Michael Hülpes, und übrigens auch Gereon Haumann, stellvertretender Vorsitzender der Urlaubsregion Thalfang am Erbeskopf (Ute), hatten ihren Unmut damals öffentlich gemacht. Andere machten die Faust in der Tasche. In einer solchen Symbolfrage nachzugeben, wird schnell als Schwäche ausgelegt. Tatsache ist aber, dass Zweckverbands-Vorsteher Dellwo der Gesellschaft eine längere Zerrreißprobe erspart hat. Mit der Sprachregelung, dass man die Räumlichkeiten selbst benötige, hat keine Seite ihr Gesicht verloren. Und in der Hunsrück-Touristik kann man sich ab sofort wieder ausschließlich den eigentlichen Aufgaben widmen, nämlich dem Marketing für den Hunsrück. i.rosenschild@volksfreund.de

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