Abschied vom Zentralfriedhof?

TALLING/THALFANG. Der Thalfanger Zentralfriedhof hat eine lange Tradition. Was Tallinger Bürger aber nicht hindert, derzeit offen Vor- und Nachteile eines eigenen Friedhofs abzuwägen.

 Für die Thalfangerinnen Gisela (links) und Irmgard Neu ist das tägliche Gießen auf dem Thalfanger Zentralfriedhof weniger problematisch als für Angehörige der Nachbargemeinden, die dafür eigens nach Thalfang fahren müssen. Foto: Ursula Schmieder

Für die Thalfangerinnen Gisela (links) und Irmgard Neu ist das tägliche Gießen auf dem Thalfanger Zentralfriedhof weniger problematisch als für Angehörige der Nachbargemeinden, die dafür eigens nach Thalfang fahren müssen. Foto: Ursula Schmieder

Angestoßen wurden die Überlegungen zu einem eigenen Friedhof für Talling durch die Debatte um das Aus der Doppelgräber auf dem Thalfanger Zentralfriedhof. Doch warum sollten die rund 230 Tallinger nicht einen eigenen Friedhof anlegen? Bei einer Ratssitzung erstmals öffentlich angesprochen, machen Vor- und Nachteile dieser Idee seither im Dorf die Runde. Altortsbürgermeister Rudi Marx spricht sich ohne Scheu dafür aus. Bei Besuchen auf dem Thalfanger Friedhof des "Zweckverbands der 12 Gemeinden" habe er oft vor allem ältere Leute zusammensitzen sehen. Was ihm vor Augen geführt habe, dass ein Friedhof auch ein Ort sei, an dem sich Menschen treffen. Wenn die Menschen dorthin gingen, um zu gießen oder ein Grab zu pflegen, helfe das auch den Schmerz zu bewältigen. "Und das geht alles nicht, wenn man ein Auto braucht, um zum Friedhof zu gelangen", schlussfolgert Marx. Dass auch ein Zweckverbandsdorf einen eigenen Friedhof haben kann, habe Deuselbach ja schon vor Jahren vorgemacht. Die fehlende Tallinger Kirche sieht Marx nicht als Hindernis. Als im vorigen Winter die Heizung der evangelischen Kirche Thalfang ausfiel, sei der Gottesdienst ja auch ins Gemeindehaus verlegt worden. Und die finanzielle Doppelbelastung der Gemeinde sei ja nur für eine gewisse Übergangszeit. Außerdem geht Marx davon aus, dass die Kosten für den Thalfanger Friedhof, auf dem auch verstorbene Seniorenheimbewohner bestattet werden, langfristig steigen. "In 30 Jahren werden wir von der Kostenseite wesentlich besser da stehen als mit einem Zentralfriedhof", ist Marx überzeugt. Landwirt Rudolf Manz sieht die "ganz emotionsfrei" diskutierte Thematik aus einem ähnlichen Blickwinkel. Sollte es keinen entsprechenden Widerhall von Seiten der Bevölkerung geben, die wohl auch bei der jährlichen Bürgerversammlung gefragt sein wird, werde die Idee aber sicher nicht weiter verfolgt. Nach Ansicht von Ortsbürgermeister Erich Thösen sind die Meinungen im Ort jedenfalls gespalten. "Es sind Dinge, die dafür sprechen und Dinge, die dagegen sprechen", räumt er ein. Er persönlich sieht aber keinen Bedarf für einen eigenen Friedhof. "Da wir eine gewisse Tradition haben und kirchlich dort angebunden sind", würde er es begrüßen, wenn Talling auch in Zukunft in Thalfang bestattet. Der fast 200 Jahre alte Zweckverband sei ja schon "ein einmaliges Konstrukt", dessen Gemeinden in Thalfang konzentriert seien: "An Allerheiligen oder am Volkstrauertag kommen alle Dörfer in Thalfang zusammen." Dennoch hat sich Deuselbach mit heute rund 300 Bürgern schon zu Beginn der 50er Jahre vom gemeinsamen Friedhof verabschiedet. Auf Initiative des Männergesangvereins, wie sich Ortsbürgermeister Reinhard Manz an anfänglich zu überwindende "große Widerstände" erinnert. Der Vorteil des eigenen Friedhofs sei in erster Linie, dass ältere Leute nicht nach Thalfang fahren müssten, was das Gießen und die Grabpflege erleichtere. Hinsichtlich der Kosten schätzt er, dass es keinen großen Unterschied macht, ob ein Dorf Thalfang angeschlossen ist oder nicht. Ein wesentlicher Aspekt für die unter dem Namen "Mark" seit Jahrhunderten verbundenen Dörfer ist aber das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Anders als in katholischen Nachbardörfern seien in den evangelischen Orten weder eine eigene Kirche noch separate Friedhöfe üblich gewesen. Manz: "Hier war immer ein großer Zusammenhalt unter den Dörfern."

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