Afrika, Indien und Deuselbach

DEUSELBACH. Ihre Forschungsarbeit führt Heidi Keller, seit 20 Jahren Professorin an der Uni Osnabrück, rund um den Erdball. Doch dazwischen zweigt sie sich immer wieder ein paar Tage für ihren Heimatort Deuselbach ab.

Die Kindheitserinnerungen von Heidi Keller spielen sich rund ums Deuselbacher Schulhaus ab. Denn dort hat die Lehrerstochter mit ihren Eltern gelebt. Das Häuschen, in dem Keller seit einigen Jahren immer mal ein paar Tage verbringt, bezogen diese erst, als ihre Tochter bereits in Mainz studierte. Nach dem Tod der Mutter sei ihr dieses Haus jedoch ans Herz gewachsen, erzählt Keller, die seit 1984 in Osnabrück lebt, einer kleinen, aber sehr schönen Stadt, wie sie sagt. Doch auch in ihrer Wahlheimat hält sich die Professorin nicht ständig auf. In den 22 Jahren, die sie den Lehrstuhl für "Entwicklungspsychologie" an der dortigen Universität inne hat, hat sie ihre Forschungsarbeit von einem Kontinent zum anderen geführt. Feste Stationen ihrer Arbeit seien zum Beispiel Afrika, Indien, Costa Rica, China oder auch Teile der USA. Aber auch in Hawaii und Mexiko forschen Studentinnen der Leiterin des Fachs "Entwicklung und Kultur". Sie selbst ist manchmal monatelang nahezu ununterbrochen unterwegs. Woran sie aber nur eines wirklich stört: Stundenlanges Warten auf irgendwelchen Flughäfen. Dass sie sich dennoch seit einigen Jahren häufiger die Zeit nimmt, nach Deuselbach zu fahren, sieht sie als ein Geschenk ihrer Mutter. Doch auch die Menschen haben dazu beigetragen. Die Leute seien ihr begegnet, als sei sie nie weg gewesen, weiß Keller zu schätzen. Die Strapazen der vierstündigen Anreisen nimmt die 60-Jährige daher, wann immer es geht, in Kauf. "Ich komme jetzt unheimlich gern hierher und habe auch sehr viele Freunde hier." Abgesehen davon fasziniert sie die Landschaft und die Natur: "Die Luft ist so anders, und es riecht so gut hier." Als Kind habe sie sich in Deuselbach sehr wohl gefühlt. "Ich sehe mich immer so auf der Wiese sitzen - zwischen Glockenblumen", verrät sie. Aber auch ihren Großvater hat sie noch vor Augen. In der Schule habe sie ihn immer mit "Herr Lehrer" angesprochen. Zu Hause sei er dann aber wieder ihr Opa gewesen. An ihren Vater Hansheinz, der ihr die Natur zeigte und später Rektor in Rhaunen war, erinnert sie sich noch heute, wie er mit der Tasche in der Hand täglich zu Fuß nach Rorodt ging, wo er unterrichtete. Er habe sie auch immer viel herumfahren müssen. Denn damals sei die Bahnverbindung eingestellt worden, was für die Hermeskeiler Gymnasiastin bedeutete, dass sie zur Bushaltestelle nach Bäsch musste. "Das war abenteuerlich - die Eltern mussten schon etwas auf sich nehmen, um die Kinder zur Schule zu schicken." Als Jugendliche fand Keller es dann aber weniger spannend in Deuselbach. Was die Professorin an ihrer Arbeit fasziniert, sind die Zusammenhänge von Entwicklungsprozessen und Kulturen. Ohne das Verständnis der Kultur, in der sich etwas entwickle, sei dieser Prozess nicht zu verstehen. Ans Aufhören denkt Keller jedenfalls noch lange nicht. Eigentlich habe sie noch gar keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Außerdem ist sie auch mit 60 noch viel zu sehr drin im Beruf: "Meine Arbeit ist sehr interessant und macht mir viel Spaß." Dass sie sich irgendwann ganz für den Hunsrück entscheidet, ist aber eher unwahrscheinlich. Zum einen lebt in Osnabrück auch ihr Stiefsohn, zum anderen kann sie sich Eines nur schwer vorstellen: immer am gleichen Ort zu leben.

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