Alle liebten "Tante Gertrud"

Vom ersten Kindergarten in Thalfang, der im Jahr 1936 während der NS-Diktaur im alten evangelischen Gemeindehaus entstand, berichtet TV-Leser Horst Hubert.

 Die Geburtsjahrgänge 1938 und 1939, die den Kindergarten in Thalfang besuchten. Foto: privat

Die Geburtsjahrgänge 1938 und 1939, die den Kindergarten in Thalfang besuchten. Foto: privat

Thalfang. (red) Der erste Kindergarten in Thalfang entstand im Jahre 1936 als sogenannter "Erntekindergarten" während der NS-Diktatur. Er war bis 1937 in dem alten evangelischen Gemeindehaus (Föll's Haus) neben dem Eingang zur evangelischen Kirche untergebracht.

Die damalige Leiterin war "Tante Gretel", und Fräulein Elli Bossmann war Helferin. Der Kindergarten wurde bis zum Beginn des Krieges hauptsächlich im Sommer und während der Erntezeit betrieben. Von 1938 bis 1942 war der Kindergarten in einem größeren, zur heutigen Koblenzer Straße hin gelegenen Raum im Hause Marmitt (früher jüdisches Geschäft) untergebracht.

Anfang des Jahres 1943 übernahm nach kurzer Ausbildung eine junge Frau namens Gertrud Malburg die Leitung des seit Kriegsbeginn ganztägig eingerichteten Kindergartens bis zu seiner Auflösung um Weihnachten 1944.

Nachdem der Platz im heutigen Hause Marmitt zu eng geworden war, wurde der Kindergarten im Jahre 1943 für kurze Zeit in einer Baracke auf dem Marktplatz untergebracht. Schnell erwies sich diese Unterkunft als wenig praktikabel. Diese Baracke musste Kriegsgefangene und später Flüchtlinge aufnehmen. So wurde der Kindergarten in die unteren Räume der "alten Oberförsterei" am nördlichen Ende von Thalfang verlegt. Er blieb dort bis zu seiner Auflösung.

Obwohl das Dach des Hauses mit einem roten Kreuz bemalt war, hatten die Verantwortlichen und Leiterin "Tante Gertrud" Bedenken, alliierte Flugzeuge könnten den Kindergarten angreifen.

In den Jahren ab etwa 1940 waren meist junge Frauen aus Thalfang und Umgebung als Helferinnen im Kindergarten tätig. Erinnert sei an dieser Stelle an Maria Barthen, Liesel Palm, Irene Haag, die ihr Pflichtjahr 1941/42 dort ableistete, und "Änni" Schell, die spätere Frau Münster, die zusammen mit "Tante Gertrud" bis zur Auflösung des Kindergartens Helferin war.

"Unsere Tante Gertrud", wie sie zeitlebens von "ihren Kindern" liebevoll genannt wurde, ist heute 94 Jahre alt und lebt im Haus ihrer Tochter. Auch in späterer Zeit hat sie sich um Kinder gekümmert, die Liebe und Zuneigung brauchten. Sie ist noch heute ihre "Mama Gertrud".

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