Astronomische Preise und ein verschluckter Finger

HUNSRÜCK. (red/iro) Berthold Staudt stöberte in alten Heimatkalendern des ehemaligen Kreises Bernkastel und fand Berichte der unterschiedlichsten Art aus der "Bernkasteler Zeitung". Hier ist die zweite Folge zu lesen:

Jahrgang 1899, 25. März, Bernkastel: Der den Erben 0. F. Cetto gehörige Anteil des Bernkasteler Doktorberges, cirka 4000 Quadratmeter, ging zum Preise von annähernd einer Viertel Million Mark an Herrn Bürgermeister Kunz in Bernkastel über. Der Stock kostet demnach cirka 60 Mark, ein Preis, wie er bisher unerreicht dastehen dürfte und der nur gerechtfertigt ist durch das hochfeine Gewächs, welches der Doktorberg ergibt. Jahrgang 1904, 21. August, Hottenbach: Beim Abbruch unserer alten früheren Kirche fand sich eine Fülle von Überraschungen. Es fand sich ein römischer Götteraltar, ein gut erhaltenes Bruchstück eines römischen Grabdenkmals, Reste von Figuren, kolossale Sandsteinblöcke und dergleichen. Es ergab sich also, dass an derselben Stelle eine bedeutsame römische Niederlassung gewesen ist, sicher auch eine heidnische Opferstätte. Fast alle römischen Fundstücke sind anscheinend früher einmal vermauert gewesen wohl in den Mauern der ersten, anscheinend turmlosen christlichen Kirche in altfränkischer Zeit. Jahrgang 1905, 30. November, Hochwald: Der "Wandermonat" ist wieder da und mit ihm für diejenigen, welche zur Besorgung von Haus und Hof Dienstboten nötig haben, eine jährlich wiederkehrende Kalamität. Während noch vor rund 25 Jahren eine Großmagd sich wie ein Krösus vorkam, wenn sie 10 bis 15 Taler fürs Jahr bekam, so ist der Lohn jetzt zum Nachteil der Herrschaft und der Dienstboten selbst fast um das Zehnfache gestiegen. Wenn auch die Löhne auf allen Gebieten in die Höhe gegangen sind, so sind die Forderungen unserer Dienstboten doch durchaus übertrieben. Ein einigermaßen kräftiges Mädchen im Alter von 18 Jahren fordert dreist einen Lohn von 300 Mark, und bekommt ihn auch; dabei versteht sie aber meistens nichts vom Haushalt, sondern hat sich bisher nur mit Vieh und Feldarbeit beschäftigt. Jahrgang 1909, 20. Januar, Gonzerath: Einen Finger abzubeißen und zu verschlucken gehört wohl sicherlich nicht zu etwas Alltäglichem. Bei einer Rauferei, die sich am Kirmesabend - letzten Sonntag - zwischen zwei Brüdern von hier entwickelte, biss der Jüngere dem Älteren den Mittelfinger an der rechten Hand zum Teil ab. Das Glied ist trotz allen Suchens nicht aufgefunden worden, so dass anzunehmen ist, dass der jüngere von den beiden "feindlichen Brüdern" den halben Finger mit verschluckt hat. Am Dienstag hat der Arzt dem Verstümmelten ein weiteres Glied des Fingers abnehmen müssen. Der Autor ist Berthold Staudt vom Morbacher Hunsrückverein. Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, den Namen einer Straße oder eines Hauses erklären können oder zu einem historischen Ereignis eine Geschichte zu erzählen haben, schreiben Sie bitte unter dem Stichwort "Dorfgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse hunsrueck@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 60 Druckzeilen (à 30 Anschläge) umfasst.

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