Aufgepasst, wenn's blitzt und blinkt

MORBACH/WITTLICH. Sie sind klein, rund und silbern. Gewöhnlich liegen sie in einem CD-Player oder in einem Computer. Im Bereich der Polizei-Inspektion (PI) Morbach können CDs demnächst auch in Bäumen oder an Zäunen hängen, um Wild davon abzuhalten, die Straßenseite zu wechseln.

Diese Botschaft verstehen auch Füchse und Rehe, Hasen und Hirsche: Wenn es am Straßenrand blinkt und blitzt, drohen Gefahren. Auf diese Reaktion der Tiere hofft Gregor Steffes, seit drei Jahren bei der Polizei-Inspektion (PI) Morbach zuständig für einen Modellversuch zur Wildunfall-Erforschung. Er hörte von einem Versuch von Kollegen in Bramstedt in Schleswig-Holstein. Sie hatten auf einer acht Kilometer langen Bundesstraße CDs in einem Abstand von mindestens 15 Metern zur Fahrbahn befestigt. Das Ergebnis überraschte alle: Zuvor wurden dort jährlich rund zehn Wildunfälle registriert, doch dann gab es ein knappes Jahr lang keine einzige Kollision mehr.Simple Lösung für gravierendes Problem

Möglicherweise kann man mit dieser vergleichsweise simplen Methode ein gravierendes Problem lösen. Denn Tag und Nacht werden Polizei und Jäger alarmiert, wenn es zu Wildunfällen gekommen ist. Bundesweit werden jährlich bei mehr als 250 000 Kollisionen bis zu 30 Menschen getötet, 3400 Autofahrer verletzt und eine nicht bekannte Anzahl von Tieren getötet. Der Sachschaden beläuft sich auf mehr als 125 000 Euro. In dieser Summe ist der Verlust des Wildes noch nicht einmal berücksichtigt. Was bundesweit Polizisten und Jägern Sorgen bereitet, macht auch vor Ort Kopfzerbrechen. Denn der Bereich der PI Morbach hat große zusammenhängende Waldflächen. "Leider gehören auch überdurchschnittlich viele Wildunfälle zum dienstlichen Alltag auf unseren Straßen", sagt Polizeihauptkommissar Steffes. Bei 47 Prozent aller Unfälle ist Wild zumindest eine der Ursachen. Um mit dieser unerfreulichen Tradition zu brechen, arbeitet er an dem Modellversuch zur Wildunfall-Erforschung. Drei Jahre lang hat er penibel jeden Schaden festgehalten und das Unfallgeschehen ausgewertet. Die meisten Unfälle passieren nach den Erkenntnissen Steffes' auf den drei Bundesstraßen in der Region. Er geht davon aus, dass dies vor allem am hohen Verkehrsaufkommen auf diesen Strecken liegt. Was haben Polizei und Jäger nicht bereits versucht, um das Problem in den Griff zu bekommen: Bei einem Unfallschwerpunkt auf der B 327 zwischen Bäsch und Hilscheid schlug eine Unfallkommission beispielsweise vor, ein Verkehrsschild aufzustellen, das vor Wildwechsel warnt. Im Jahr drauf ereigneten sich auf derselben Strecke doppelt so viele Unfälle wie im Jahr zuvor. Zäune lehnen die Jäger ab, weil sie zu "Inzucht" bei den Tieren führten. Und Wildwechsel-Warnanlagen mit Bewegungsmeldern und Sensoren sind umstritten, weil sehr aufwändig: Ein Kilometer kostet laut Steffes rund 327 000 Euro. Da kam das Projekt in Bramstedt - ko-stengünstig und praktikabel - wie gerufen: In den Rathäusern in Morbach und Thalfang sowie bei der Polizei wurden CD-Sammelstellen eingerichtet. Innerhalb von 14 Tagen waren 3000 Stück beisammen. Im Dezember sollen sie aufgehängt werden. Parallel dazu führt Steffes mit Jagdpächtern Gespräche und will auch bei Hegering-Versammlungen für das Thema sensibilisieren. Er will auch zeigen, wo die Unfallschwerpunkte im Revier sind. Aber: "Wer sein Revier kennt, kennt die Problemstellen auch."Morbacher Wert in der Region unerreicht

In Wittlich beobachtet man das Vorhaben mit großem Interesse. Auch wenn die Morbacher Zahlen im Bereich der Polizeidirektion Wittlich unerreicht sind - die Bandbreite liegt zwischen 27 (Wittlich) und 37 Prozent (Prüm) -, beschäftigt man sich auch dort mit dem Thema. Sobald Ergebnisse vorlägen, würden sich die zuständigen Stellen intensiv damit beschäftigen, erklärt Ulrich Müller, Erster Polizeihauptkommissar bei der Polizeidirektion Wittlich. Schließlich gebe es - wenn auch selten - Unfälle mit tödlichem Ausgang. Das wenigstens blieb den Morbachern laut Steffes bislang erspart. Doch auch für den Geldbeutel können Wildunfälle künftig weit reichende Konsequenzen haben. Bislang werden derartige Schäden nur bei einer Teilkasko-Versicherung des Fahrzeugs reguliert. Geht es nach den Vorstellungen des Verbands der Deutschen Autoversicherer, gibt Steffes zu bedenken, könne in den kommenden Jahren nur noch derjenige auf Schadenersatz hoffen, der eine wesentlich teurere Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat.

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