Bewährungsstrafe für Aladin

Bernkastel-Kues · 41-Jähriger kann nur in einem Fall wegen versuchten Betrugs und versuchter Erpressung verurteilt werden. Der tatsächliche finanzielle Schaden wird erst im Prozess deutlich.

Bernkastel-Kues Die ganze finanzielle Dimension des Falles wird erst während der Verhandlung vor dem Amtsgericht Bernkastel-Kues deutlich. Der Kripobeamte, der sich über Jahre mit den Geschehnissen um eine mittlerweile 92 alte Frau aus Traben-Trarbach befasst hat, spricht davon, dass sie in den Jahren 2013 und 2014 mehr als 100 000 Euro für einen dubiosen Kreis aus Teppichhändlern flüssig gemacht hat.
In der Anklage ist nur von einem finanziellen Schaden von 30 000 Euro die Rede. Die habe die Frau gezahlt, nachdem ihr am Telefon ein Unbekannter vorgaukelte, er brauche das Geld für einen kranken Angehörigen.
Kurze Zeit später soll der gleiche Mann weitere 21 900 Euro verlangt haben. Nur damit könne die Abschiebung des Erkrankten in den Irak verhindert werden. Geld floss aber nicht, weil die Frau bei der Polizei Anzeige erstattete.
Fall Nummer drei: Der Angeklagte soll sich am Telefon als Teppichhändler Aladin ausgegeben und 5800 Euro für einen gelieferten Teppich verlangt haben.
Er habe das Geld vorfinanziert, um der Frau ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Hehlerei zu ersparen. Dieses Spiel habe sich über Tage wiederholt.
Diese Tat gibt der 41 Jahre alte Mann aus Mönchengladbach zu. Er kann, so Staatsanwältin Susanne de Renet und Claudia Stadler, aber auch gar nicht anders, weil das Telefon der Frau mittlerweile abgehört wird. Für die geladene Sachverständige steht fest. Die Stimme des Mannes am Telefon ist die des Angeklagten.
Weil der mehrfach vorbestraft ist und auch schon während einer Bewährung straffällig geworden ist, verurteilen ihn die Richterin und ihre beiden Schöffen wegen versuchten Betrugs und versuchter Erpressung zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe.
Für die beiden ersten Fälle gebe es keinen Beweis und somit keinen Schuldspruch. Staatsanwältin und Gericht sind sich aber sicher, dass das Geld in die Teppichhändlerszene geflossen ist und der Angeklagte auch davon wusste.
Es geht auch darum, ob Aladin auch "Mursel" oder "Mosel" ist. Unter diesem Namen meldet sich auch ein Mann, der die Frau aber duzt und "Schatz" nennt. Bei seinen Anrufen geht es auch um ganz andere Summen. Die Sachverständige glaubt, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Staatsanwältin und Verteidiger glauben das nicht. Das Gericht steht eher auf der Seite der Sachverständigen. Doch für einen Beweis reicht das nicht. "Es könnte auch ein Verwandter sein", sagt die Sachverständige.
Die Anklage sei nur die Spitze des Eisbergs, sagt Staatsanwältin de Renet. "Das Vertrauen und die Altersschwäche der Frau sind ausgenutzt worden."
Die geprellte Frau sieht den Mann, den sie bisher nur vom Telefon kennt, zum ersten Mal. Sie tut sich mehr als schwer im Zeugenstand und hat, bewusst oder unbewusst, viele Erinnerungslücken.
"Sie hat so gut wie nichts Brauchbares gesagt", erläutert die Richterin in der Urteilsbegründung. Und: "Es ist schlimm, was die alte Frau mitgemacht hat." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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