Bibelzitate schmücken Brutalität

Tilman Röhrig wuchs als Sohn eines Pfarrers in Thalfang auf. Immer wieder machte er in seinen Lesungen deutlich, wie wichtig die wenigen Jahre in Thalfang für seine Entwicklung als Mensch und als Schriftsteller waren. In seinem autobiografischen Buch "Thoms Bericht" rechnet er mit seinem Vater ab.

 Autor Tilman Röhrig hat seine Wurzeln in Thalfang. TV-Foto: Archiv/David Bittner

Autor Tilman Röhrig hat seine Wurzeln in Thalfang. TV-Foto: Archiv/David Bittner

Thalfang. Tilman Röhrig wurde am 28. März 1945 als drittes von fünf Kindern des Pfarrers Udo Ernst Friedrich Wilhelm Röhrig und seiner Frau Evi in Hennweiler bei Kirn geboren. Der Vater hatte nach einer schweren Verwundung im zweiten Weltkrieg eine Armprothese, die ihn aber nicht sonderlich behinderte. Im Jahr 1946 übernahm Pfarrer Röhrig die "zweite Pfarrstelle" bei der Evangelischen Kirchengemeinde Thalfang. Die Familie bewohnte das "alte" Pfarrhaus in der Friedhofstraße Nr. 5 neben der ehemaligen Synagoge (heute Familie Ohm). So kam es, dass der kleine Tilman in der Evangelischen Volksschule Thalfang eingeschult wurde. Das alte Schulgebäude in der Hauptstraße, in dem sich im ersten Stock auch die Katholische Volksschule befand, beherbergte nach dem Bezug der neuen Grund- und Hauptschule Thalfang im März 1971 die Diskothek "Wendeltrepp". Nach deren Brand wurde das Gebäude abgerissen und an seiner Stelle die neue Filiale der Kreissparkasse erbaut. Dies alles erlebte Tilman Röhrig nicht mehr, denn er verließ Thalfang nach Aussage seines Lehrers Klee noch während des ersten Schuljahres. Pfarrer Röhrig verzichtete 1952 auf die Pfarrstelle in Thalfang, nachdem seine Frau ihn und die fünf Kinder verlassen hatte. Nach "Thoms Bericht" wurden die Kinder auf die Verwandtschaft verteilt, Thom kam zu seinem Patenonkel, der Pfarrer in Baumholder war. Als der Vater später noch einmal heiratete, konnte der Junge zum Vater, der inzwischen in Essen als Gefängnispfarrer arbeitete, zurückkehren. Er musste einmal mehr den überstrengen "alttestamentarischen" Erziehungsstil des Vaters erleiden. Der Pubertierende erlebte die mit Bibelzitaten geschmückte Brutalität des Vaters noch viel intensiver als vorher in Thalfang, denn dort hatte der kleine Tilman sein "Geheischnis" bei der Nachbarin Frau Gertrud Malburg, wohin er immer wieder flüchten konnte, wenn der "Haussegen" schief hing. Die heute 93-jährige Frau Malburg weiß viel über diese mehr als fünf Jahrzehnte zurückliegende Zeit zu erzählen. Das Buch ist ein autobiografischer Jugendroman, aber kein Protokoll und keine Dokumentation, sondern vielmehr die Abrechnung des damals 28-jährigen Autors mit dem Vater. Das "Buch der Kindheit" endet mit Thoms Austritt aus der Kirche unmittelbar nach der Konfirmation.Dieser Text ist ein Auszug eines Aufsatzes von Elmar Ittenbach aus der Jubiläumsausgabe des "Schellemann", der Zeitschrift des Kulturgeschichtlichen Vereins im Hochwald.

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