Blick nach vorn statt Wehmut

MORBACH. Der Umzug in neue Büros ist eine Sache. Für die Morbacher Verwaltungsmitarbeiter heißt es jedoch, endgültig Abschied zu nehmen vom bisherigen Arbeitsplatz. Denn der Abriss des alten Rathauses steht kurz bevor.

Gähnende Leere empfängt diejenigen, die in diesen Tagen noch einmal der Weg ins alte Rathaus führt. Von den Decken herabhängende Kabel lenken den Blick zu den Löchern in der Verkleidung, wo bisher Lampen hingen. Die Rahmen der weit gehend ausgebauten Türen - einst wie Fahrstuhltür und Treppengeländer in knalligem Türkis lackiert - geben den Blick frei in leere Büros. Zumindest fast leere. Denn ab und an findet sich darin die eine oder andere Hinterlassenschaft. Sei es ein Ventilator, der ausgedient hat, oder ein ungeliebtes und daher zurückgelassenes Büro-Utensil. Es ist offensichtlich: Die Tage des alten Rathauses sind gezählt. "Da hängen ja auch Erinnerungen dran"

Die Rathausmitarbeiter haben bereits Abschied genommen von dem Haus, dessen bauliche Mängel ihnen über Jahre zu schaffen gemacht haben. Undichte Fenster mit maroden Rahmen und die fehlende Isolierung hatten zudem für hohe Kosten gesorgt. Der Besuch in seinem bisherigen Büro stimmt Büroleiter Theo Gätz daher nicht wehmütig. "Ich bin eigentlich immer der Typ, der sich lieber Neuem zuwendet, als den alten Dingen nachzuhängen", räumt er ein. Daher hat er sich wie etliche Kollegen schon vor dem Umzug gefragt, "was hol ich jetzt tatsächlich mit, und was kann weggeworfen werden". Auch beim endgültigen Auszug fiel es ihm nicht schwer, das Gebäude zu verlassen, in dem er seit 1973 in etlichen Büros gearbeitet hat: "Wir waren kaum draußen, da hat man schon gesehen, das Haus ist eine Ruine." Auch Kollege Alfons Gorges trauert der "alten Kiste" nicht nach. Allerdings habe er sein Büro nur in den Anfangsjahren dort gehabt, als das Gebäude noch neu war. Wie sehr das Haus während der jüngsten 20 Jahre mehr und mehr in die Jahre gekommen ist, hat er aber täglich miterlebt. Ebenso wie Werkleiter Jürgen Schabbach, der wie Gorges in das 1971 errichtete Rathaus einzog. "Damals sind wir noch mit Schreibmaschine und Rechenmaschine umgezogen", führt er die rasante Entwicklung der Technik vor Augen. Da im Laufe der Jahre immer wieder neue Kabel verlegt werden mussten, habe es in dem nun leer stehenden Haus immer ein bisschen improvisiert ausgehen. Irgendwie so, "als wenn das Haus mit Kabeln zusammengehalten wird". Dennoch fühlt sich Schabbach mit dem Altbau verbunden: "Da hängen ja auch Erinnerungen dran." Nachtrauern tue er dem Gebäude aber nicht: "Das muss ja nun auch nicht sein - so schön war es ja auch nicht." Nachdem der Rathausneubau kürzlich hat bezogen werden können, geht es nun an den nächsten Bauabschnitt. Für den restlichen Teil des Neubaus, der erst zu etwa zwei Dritteln steht, muss das alte Rathaus weichen. Laut Gätz will die damit beauftragte Firma spätestens kommenden Montag loslegen. Möglicherweise würden die Arbeiter aber noch im Laufe der Woche anrücken. Wer einen letzten Blick auf das alte Rathaus mit der Außenverblendung aus Naturschiefer und den seit Jahren blinden Fenstern werfen will, muss sich aber nicht unnötig sputen. Bevor es an den Abriss geht, wird das Haus nämlich erst noch einmal eingerüstet, damit es völlig entkernt werden kann. So müssen beispielsweise nicht nur die Außenplatten, sondern sämtliche Heizkörper und Fenster ausgebaut werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort