Damit Stefanie nicht im Schneckenhaus bleibt

MORBACH. Seit ihrem zweiten Lebensjahr leidet Stefanie Henn aus Morbach an Autismus. Dank der Organisation "Dolphin Aid e.V." und vieler großzügiger Spender soll die inzwischen Neunjährige im Januar kommenden Jahres in Curaçao an einer Delfin-Therapie teilnehmen.

Er hat ein Supergedächtnis, kann auf einen Blick sehen, wie viele Streichhölzer auf den Boden gefallen sind, doch Gefühle zeigen kann er nicht. Raymond Babbitt, die Hauptfigur in "Rain Man", überzeugend gespielt von Dustin Hoffman, hat unsere Vorstellungen von Autismus geprägt. Doch wie viele Krankheiten hat auch diese viele Seiten.Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen

Bei der neunjährigen Stefanie Henn, die seit ihrem zweiten Lebensjahr an ihrer Krankheit leidet, zeigt sie sich anders. "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen", wie die berühmten drei Affen verhält sich das Mädchen laut ihrer Mutter Astrid. Mit zwei Jahren habe sie komplett aufgehört zu reden. Auch das Hören ist nicht ausgeprägt. Und dass ihre Tochter sie nie angeschaut hat, darunter hat Astrid Henn lange Zeit ganz besonders gelitten. Doch seit rund vier Wochen hat sich das geändert. "Seither sucht sie den Blickkontakt", beschreibt die 47-Jährige. Beim Besuch der TV-Reporterin ist Stefanie zunächst sehr zurückhaltend. Nur mit Überredungskünsten der Mutter ist sie bereit, dem Besuch die Hand zu geben. Danach zieht sie sich in ihr "Schneckenhaus" zurück und klammert sich wie so häufig an die Mutter. Denn anders als andere Autisten sucht sie den Köperkontakt. "Manchmal kann ich nicht mal allein aufs Klo gehen", schildert Astrid Henn. Ungern denkt sie an die Zeit zurück, als klar wurde, dass Stefanie kein "normales" Kind ist. Von einem auf den anderen Tag sprach sie nicht mehr, machte nur noch monotone Bewegungen und verletzte sich ständig selbst. Wenn ein Auto hupte, reagierte das Kind nicht mehr. Die erste Diagnose lautete auf Schwerhörigkeit. Doch nach einem Gehörtest musste die Theorie verworfen werden. Nach der zweiten Diagnose bekam die Mutter einen Schock. Das Kleinkind sei geistig behindert. Erst nach einem Besuch im Autismus-Zentrum in Trier bekam die Krankheit einen Namen: frühkindlicher Autismus. Trotz aller therapeutischen Bemühungen ist Stefanie bis heute ein besonderes Kind. Sie spricht noch immer kein Wort, aber gibt Töne von sich, um sich mitzuteilen. Und: "Sie versteht uns", sagt die Mutter. Im Therapiezentrum lernt sie, sich per Computer auszudrücken. Worte wie "Maus" oder "Mama" kann sie bereits schreiben. Manchmal, wenn sie sich überfordert fühlt oder beispielsweise keine Schokolade essen darf, bekommt sie Wutanfälle. Und dann legt sie sich in ihre grüne Hängematte, schaukelt und beruhigt sich damit selbst.Zweiwöchige Therapie soll im Januar beginnen

Damit es bei Stefanie weiter bergauf geht, soll sie an einer Delfin-Therapie teilnehmen. Doch die Therapie ist zu teuer, als dass die Henns sie finanzieren könnte. Deshalb haben sie Flugblätter verteilt und darin um Spenden gebeten. Mit großem Erfolg. Der Förderverein schwerst kranker Kinder Hunsrück hat bereits 2000 Euro gestiftet. Weitere 3500 Euro kamen bei einer Aktion von Privatleuten zusammen. Auch in vielen Morbacher Geschäften können Spenden abgegeben werden. Sie alle fließen auf ein Konto des Vereins Dolphin Aid in Düsseldorf. Sogar ein frisch vermähltes Morbacher Ehepaar sagte zu, die Geldspenden anlässlich ihres Festtages Stefanie zur Verfügung zu stellen. Das hat die Mutter von insgesamt drei Töchtern sehr berührt: "Aber ich weiß nicht, wie ich den Rest zusammenbekommen soll." Immerhin kostet eine zweiwöchige Therapie in Curaçao etwa 8500 Euro. In Florida wäre sie noch teurer. Wenn alles klappt, wollen Mutter Astrid und Tochter Jennifer Stefanie im Januar bei ihrer ersten großen Reise begleiten. Übrigens: Im Laufe des Gesprächs taut Stefanie auf und schaut die TV-Reporterin mit ihren großen blauen Augen an. Und zum Abschied gibt sie ihr, ganz unaufgefordert, die Hand. Wer Stefanie helfen will, kann direkt auf das Patenschaftskonto von Dolphin Aid bei der Stadtsparkasse Düsseldorf, Kontonummer 2000 24 24, Bankleitzahl 300 501 10, Verwendungszweck Stefanie Henn überweisen. Bei Spenden unter 100 Euro gilt der Einzahlungsbeleg als Spendennachweis. Ab 100 Euro liefert "Dolphin Aid" eine Spendenbescheinigung.

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