Das Wohnzimmerlicht der Welt erblickt

Die Gründe, warum Eltern sich für eine Hausgeburt entscheiden, sind unterschiedlich, doch eine Voraussetzung teilen alle: Sie wollen eine Hebamme, bei der sie sich und das Baby gut aufgehoben fühlen. Denn Vertrauen ist das Wichtigste.

 Gemeinsam haben Hebamme Ute Krause (vorne) und Ärztin Ursula Meiners (Dritte von links) schon einigen Kindern auf die Welt geholfen. Einige der Babys wurden zu Hause geboren, so wie vor einem Jahr bei Famile Müller (links) und einige Monate zuvor bei den Schnettlers (rechts). TV-Foto: Uwe Hentschel

Gemeinsam haben Hebamme Ute Krause (vorne) und Ärztin Ursula Meiners (Dritte von links) schon einigen Kindern auf die Welt geholfen. Einige der Babys wurden zu Hause geboren, so wie vor einem Jahr bei Famile Müller (links) und einige Monate zuvor bei den Schnettlers (rechts). TV-Foto: Uwe Hentschel

Thalfang/Neunkirchen. Menschen, die zu Ute Krause kommen, haben erste Erfahrungen bereits gesammelt. Bei einigen waren es gute, bei anderen schlechte. Familie Schnettler aus Thalfang gehört zu der zweiten Gruppe. "Ich habe ohnehin eine panische Angst vor Krankenhäusern", sagt Stephanie Schnettler, Mutter von zwei Kindern. Das ältere der beiden, Felix, kam im Hermeskeiler Krankenhaus zur Welt, und wenn Mutter Schnettler sich an die letzten zehn Stunden vor der Geburt erinnert, so waren das keine zehn Stunden, die zum Abbau ihrer Krankenhaus-Phobie beigetragen haben. Bei Franziska war das schon anders. Franziska ist die kleine Schwester von Felix, sie erblickte im Dezember 2006 das Licht der Welt. Genau genommen das Wohnzimmerlicht der Welt. Denn die kleine Franziska war eine Hausgeburt. "Wir haben Musik gehört, Tee getrunken, und innerhalb von vier Stunden war das Baby dann da", erinnert sich die Mutter und fügt hinzu: "Das Vertrauen war halt da, und deshalb habe ich mir da auch keine Gedanken gemacht." Der Mensch, dem sie und Ehemann Christian Schnettler vertraut haben, ist Ute Krause. Sie ist Hebamme, hat bereits rund 60 Hausgeburten hinter sich und weiß, dass viele Menschen "davon völlig falsche Vorstellungen" haben. Unsinnige Argumente wie "So eine Sauerei möchte ich daheim nicht haben" kennt sie zur Genüge.Natürlich gebe es Menschen, für die eine Geburt im Krankenhaus das Beste sei, sagt die Hebamme, "aber seitdem Männer Geburtshelfer sind, haben sie es den Frauen abgesprochen." Doch auch für die Eltern, die zu Ute Krause kommen, gibt es zwei wesentliche Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: Die Eltern - und hier nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater - müssen der Hebamme vertrauen. Außerdem muss die Mutter bereits mindestens eine risikolose Entbindung hinter sich haben.So wie bei Familie Müller aus Neunkirchen. 1970 hat es in dem Ort die letzte Hausgeburt gegeben - bis dann im Frühjahr 2007 an einem Samstagnachmittag um halb fünf der kleine Tim zur Welt kam. "Pünktlich zum Kaffee", sagt Mutter Pauline Müller. Dass Tim von Ute Krause und der mit ihr immer zusammen arbeitenden Ärztin Ursula Meiners entbunden werden soll, stand für die Müllers von Anfang an fest. Allerdings sollte der 3570 Gramm schwere und 51 Zentimeter lange Bruder von Jana Mülller in der Thalfanger Geburtspraxis den Mutterleib verlassen. Doch Tim war schneller. Und deshalb kam das Rund-um-die-Uhr-Geburtshelfer-Team nach Neunkirchen und Tim kam - statt in der großen Badewanne der Geburtspraxis - dann in der kleinen Wanne im Dachgeschoss- der Müllers zur Welt. Weitaus komplizierter als die Hausgeburt sei ohnehin die Anmeldung des Neugeborenen, sagt die Ärztin, deren drei Kinder ebenfalls alle zu Hause geboren wurden. Denn viele Gemeinden hätten gar keine Unterlagen mehr, weil Hausgeburten so selten geworden sind.Dass Eltern diese Möglichkeit der Entbindung, egal ob zu Hause oder in der Geburtspraxis, in Betracht ziehen, hänge weniger von der Entfernung als von der Einstellung der Eltern ab, sagt die Hebamme. Manche ihrer Klienten hätten Anfahrtswege von bis zu 50 Kilometern, sagt sie, und viele von ihnen kämen aus dem Saarland. Das Wichtigste ist das Vertrauen in die Hebamme. "Ich stand der Sache am Anfang sehr skeptisch gegenüber", sagt Christian Schnettler, doch nach den ersten Gesprächen mit der Hebamme habe er sich dann damit doch anfreunden können. Im Nachhinein war das eine Erfahrung, die auch er nicht missen möchte: "Ein Wahnsinn: Die Geburt, die Geborgenheit zu Hause im Kreis der Familie und dazu Hebamme und Ärztin, die an Einfühlsamkeit nicht zu übertreffen sind."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort