Der Rat will klagen

NEUNKIRCHEN/WITTLICH. Mehrere Dutzend alte Bahnschwellen sorgen für große Aufregung: Die Hölzer wurden von einem Neunkirchener auf seinem Grundstück als Zaunpfähle für eine Pferdekoppel verbaut. Aus Umweltschutzgründen fordert der Ortsgemeinderat, dass die Pfosten entfernt werden, und will dies notfalls gerichtlich durchsetzen.

Uwe Just aus Neunkirchen versteht die Welt nicht mehr. Dabei wollten er und seine Frau Beate sich doch nur einen Traum erfüllen: 2001 kaufte das Ehepaar 70 alte Bahnschwellen. Geplant war eine Pferdekoppel auf dem eigenen Grundstück, die Holzabfälle der Deutschen Bahn AG sollten als Zaunpfähle herhalten. Vier Jahre später, im August 2005, begannen die Justs damit, ihren Traum zu verwirklichen: Bagger und Radlader rollten an, und Löcher wurden gegraben, um die Bahnschwellen im Boden einzuzementieren. Mehr als 3500 Euro habe das Ganze insgesamt gekostet, sagt Uwe Just. Doch dann ging der Ärger los. Bereits kurz nachdem die Schwellen eingebaut waren, verlangte der Ortsgemeinderat Neunkirchen, dass das Ehepaar die Holzpflöcke wieder herausreißen und umweltgerecht entsorgen soll. Denn was die Justs bis dato nach eigenen Angaben nicht wussten: Alte Bahnschwellen sind teerölimprägniert, gelten als giftig. Und im Juni 2003 hat der Bund als Gesetzgeber in der so genannten Chemikalien-Verbotsverordnung festgelegt, dass "für ausgebaute, teerölimprägnierte Bahnschwellen eine generelles Verwendungsverbot besteht".Rechtswidriger Zustand wurde festgestellt

Unter Verweis auf die Verordnung wandte sich der Ortsgemeinderat Neunkirchen an die für Abfallangelegenheiten zuständige Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, die den Fall durch ihre Fachbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, rechtlich überprüfen ließ. Und tatsächlich: Nach einem Ortstermin in Neunkirchen beschied die SGD der Kreisverwaltung im August 2006 in einem Schreiben (das dem TV vorliegt), dass ein Verstoß gegen die Chemikalien-Verbotsverordnung vorliege. Die bereits verbauten Bahnschwellen müssten vom Ehepaar Just ausgebaut werden. Rund zwei Monate später, Ende September, kam dann die überraschende Wende: In einem weiteren Schreiben an die Kreisverwaltung teilte die SGD Nord nun auf einmal mit, dass die Bahnschwellen vielleicht doch nicht entfernt werden müssten. Es bestehe ein Ermessensspielraum (siehe Extra) der Kreisverwaltung, die Beseitigung des "rechtswidrigen Zustands" anzuordnen. Joachim Gerke von der SGD Nord erklärte gegenüber dem TV den Wechsel der Positionen: "Bei unserem ersten Zwischenbericht wurden lediglich Belange des Chemikalienrechts beachtet. Daraufhin forderte uns die Kreisverwaltung auf, auch die abfall- und bodenschutzrechtlichen Belange zu überprüfen, die bei einer solchen Anlage unbedingt beachtet werden müssen." Dabei sei eben auch die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu prüfen, was im Übrigen sogar durch die Verfassung vorgeschrieben sei. Dennoch bestreitet der Ortsgemeinderat vehement, dass es diesen Ermessensspielraum der Kreisverwaltung überhaupt gibt. Auf seiner jüngsten Sitzung wurde deshalb einstimmig beschlossen, dass die für den Umweltschutz zuständigen Behörden innerhalb einer Frist von zwei Wochen die inhaltliche Festsetzung der SGD Nord vom August umsetzen sollen. Sprich: Raus mit den Bahnschwellen, spätestens bis zum 9. Oktober! Ordnet das die Kreisverwaltung nicht an, will der Ortsgemeinderat vor Gericht klären lassen, ob die Wittlicher Behörde in der Frage wirklich einen Ermessensspielraum hat. Die Kreisverwaltung teilte dem TV gestern mit, dass die Forderung der Ortsgemeinde Neunkirchen, einen bereits überholten Zwischenbericht der SGD-Nord umzusetzen, abwegig sei. Uwe Just ist jedenfalls froh wenn die Geschichte ausgestanden ist: "Ich möchte meine Ruhe haben."

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