Dicke Luft in Neunkirchen

Neunkirchen · Der Bürgermeister von Neunkirchen, Richard Pestemer, wird derzeit in seinem Dorf stark kritisiert. Grund ist die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung.

Neunkirchen "Mit diesem Tagesordnungspunkt macht sich unser Ort unglaubhaft. Das ist beschämend!" Eine Bürgerin aus Neunkirchen, die aus Sorge um Gerede im Dorf ihren Namen nicht öffentlich nennen will, macht sich gegenüber dem TV Luft. Anlass ihres Ärgers ist die Veröffentlichung der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Gemeinderates von Neunkirchen am 10. April. Dort steht als Top 3 das Thema "Kommunalreform: Beschlussfassung zur Bestätigung des Bürgerentscheides zum Erhalt der Selbstständigkeit". Als folgender Tagesordnungspunkt wird eine öffentliche Fragerunde für die Einwohner zum Thema Kommunalreform genannt. Das macht die Neunkirchener Bürgerin wütend: "Was nutzt die öffentliche Diskussion, wenn der Beschluss bereits erfolgt ist? Da werden vollendete Tatsachen geschaffen!"Dieser Beschluss wurde im Grundsatz bereits 2012 gefasst und im Herbst 2016 bekräftigt. Letzteres soll jetzt noch mal passieren. Damit wäre ein möglicher Wechsel in die Einheitsgemeinde Morbach verwirkt. Genau diese Option wollen sich aber 66 Bürger der 128 Einwohner Neunkirchens offenhalten. Sie hatten eine Petition unterschrieben, in der sie eine Informationsveranstaltung fordern, in der die Verbandsgemeinde Hermeskeil und auch die Einheitsgemeinde Morbach vorgestellt werden sollen. Aber nicht nur das, es kommt noch dicker: Inzwischen macht eine E-Mail in Neunkirchen die Runde, die dem TV vorliegt. Darin fordert ein Neunkirchener die Unterzeichner dieser Unterschriftenliste auf, ihre Unterschrift mit der Begründung, man sei getäuscht worden, zu widerrufen. Das sei ganz einfach, man müsse nur einen Widerruf an den Bürgermeister senden oder "einfach beim Ortsbürgermeister vorbeigehen". Man solle nicht auf "Unterschriftensammler" hereinfallen, diese wollten nur Unfrieden stiften.Richard Pestemer, Ortsbürgermeister von Neunkirchen, reagiert auf die Vorwürfe. "Es gab 2012 einen Bürgerentscheid, den wir bereits 2016 mit einem Gemeinderatsbeschluss bekräftigt haben. Das tun wir auch in der nächsten Sitzung noch einmal. Wir halten an der Selbstständigkeit fest. Denn wir müssen zu unseren Beschlüssen stehen." Auf den Vorwurf, dass erst nach dem Beschluss die öffentliche Fragerunde stattfinden soll, sagt Pestemer: "Wir werden dann darstellen, warum die Selbstständigkeit so wichtig ist. Wir wollen auch mit den Leuten, die nach Morbach wollen, in den Dialog treten." Auf die Gerüchte, nach denen Leute in Neunkirchen eingeschüchtert werden, reagiert Pestemer: "Wir müssen miteinander reden. Damit soll Frieden ins Dorf kommen."Von dem Grundsatzbeschluss der Selbstständigkeit will Pestemer aber nicht abrücken. "Das können wir als Rat auch gar nicht, da es ein rechtskräftiger Beschluss ist. Daran müssen wir uns halten."Die nach der Gemeinderatssitzung in Aussicht gestellte Informationsveranstaltung mit Vertretern von Hermeskeil (Bürgermeister Michael Hülpes) und Morbach (Bürgermeister Andreas Hackethal) soll jedoch erfolgen. "Wir haben bereits Vorgespräche mit den beiden Bürgermeistern geführt", sagt Pestemer. Diese Infoveranstaltung könne stattfinden, auch wenn der Gemeinderatsbeschluss eine Fusion mit der Einheitsgemeinde Morbach, bei der die Selbstständigkeit aufgegeben werden müsse, untersage. Denn es gebe ja immer noch die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens mit einem anschließenden Bürgerentscheid. Dieser würde den vorangegangen Beschluss des Gemeinderats aufheben.Dem Vernehmen nach wollen die Vertreter der Bürgerinitiative genau das tun, falls in der Gemeinderatssitzung der Grundsatzbeschluss bestätigt werden sollte. KommentarMeinung

Mit den Bürgern im Dialog bleibenNeunkirchen ist gespalten. Das geht sogar so weit, dass Bürger aufgefordert werden, ihre Unterschrift für eine Petition zurückzuziehen. Manche fühlen sich eingeschüchtert. Viele Bürger wünschen sich eine Infoveranstaltung mit der Beteiligung Morbachs. Dem steht natürlich der Gemeinderatsbeschluss von 2012 entgegen. Aber warum muss dieser Beschluss, zu dem Gemeinderat und Ortsbürgermeister völlig berechtigt stehen, nun ausgerechnet vor einer Infoveranstaltung zur Kommunalreform bekräftigt werden? Wenn die Selbstständigkeit so wichtig ist und wenn es dafür so gute Argumente gibt, wäre das doch gar nicht nötig. Im Gegenteil. Es würde von politischer Größe zeugen, genau dies nicht zu tun und auf die Kraft der Argumente und auf den ohnehin schon im Herbst 2016 bekräftigten Beschluss zu vertrauen - und den Dialog mit den Bürgern fortzusetzen. Extra: WIE EIN BÜRGERENTSCHEID FUNKTIONIERT

Bürger können einen Bürgerentscheid beantragen. Dazu müssen mindestens neun Prozent der Stimmberechtigten - das sind in Neunkirchen zwölf Bürger - unterzeichnen. Ist das der Fall, muss die Gemeinde einen Bürgerentscheid durchführen. Die gestellte Frage muss mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können. Der Bürgerentscheid steht einem Beschluss des Gemeinderats gleich (Paragraf 17a, Gemeindeordnung).

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