Die Feuerwehr frisst den Birkenfelder Haushalt auf

Die Tür zum Büro des Bürgermeisters steht meist offen, seit Bernhard Alscher vor einem Jahr dort eingezogen ist. Die Einladung gilt gleichermaßen für Bürger der Verbandsgemeinde wie Mitarbeiter der Verwaltung.

 Immenser Kostenfaktor: Die Feuerwehr, eine Pflichtaufgabe, frisst förmlich den VG-Etat auf. Foto: privat

Immenser Kostenfaktor: Die Feuerwehr, eine Pflichtaufgabe, frisst förmlich den VG-Etat auf. Foto: privat

 Bernhard Alscher. Foto: privat

Bernhard Alscher. Foto: privat

Birkenfeld. (red) Kein Verwaltungsmensch zu sein, betrachtet Bernhard Alscher noch immer eher als Vorteil. Seit Oktober 2008 ist der 52-jährige Doktor der Tiermedizin Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld. Im Gespräch mit unserem Mitarbeiter Klaus-Peter Müller zog er eine Bilanz dieses ersten Jahres.

Von der Tierarztpraxis ins Rathaus ist es gewiss kein leichter Weg. Wie ist es Ihnen in den vergangenen zwölf Monaten ergangen?

Klaus-Peter Alscher: Ich bin noch dabei, meine Mitarbeiter kennenzulernen. Der Blick hinter die Kulissen einer Verwaltung ist interessant, aber auch ungeheuer vielschichtig. Besonders für jemanden, der von außen kommt. Gewachsen ist in den vergangenen Monaten mein Verständnis für die Arbeit, die hier im Hause geleistet wird. Auch habe ich gelernt, dass man Mitarbeiter nicht, ohne deren persönliche Historie zu beachten, von einer Stelle auf die andere setzen kann.

Was konnten Sie an Ihrem neuen Arbeitsplatz konkret verändern?

Alscher: Es gibt jetzt zum Beispiel genaue Tätigkeitsbeschreibungen für alle Stellen im Haus. Bei der Weiter- oder Neubesetzung von Stellen wird nach Möglichkeit auf überdurchschnittliche Bewerber zurückgegriffen: Der neue Mann für die EDV - von einer uns betreuenden Fachfirma abgeworben - wird vermutlich helfen, einige Tausend Euro jährlich an Fremdleistungen einzusparen.

Womit wir auch schon beim Thema Geld sind. Wo müssten nach Ihrer Meinung mehr Mittel eingesetzt werden?

Alscher: Im Bereich Touristik geht derzeit die Post ab. Um Meinungen zu filtern und Möglichkeiten für die Branche auszuloten, braucht die Verwaltung Experten, keine Halbtagsstellen oder Ein-Euro-Jobber. Auch die Vermarktung der Fremdenverkehrsregion kostet Geld, mit 3000 Euro wie bisher ist nichts zu machen. Die investierten 50 000 Euro für die Traumschleifen werden sich bemerkbar machen, dort werden sich kleine Zentren entwickeln.

Beim Blick auf den VG-Haushalt tun sich anders dimensionierte Abgründe auf. Ein immenser Kostenfaktor ist sicherlich die Feuerwehr?

Alscher: Die Feuerwehr als Pflichtaufgabe frisst förmlich den VG-Etat auf. Beim Birkenfelder Feuerwehrhaus wird allein mit Investitionskosten von rund 3,5 Millionen Euro zu rechnen sein - und dann haben die Fahrzeuge noch keine Garagen. In Oberbrombach hat uns der Tüv gerade ein Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen, Gimbweiler, Schwollen und Siesbach wollen bauen. Da heißt es "Nerven bewahren", zuerst einmal den Bedarf zu ermitteln und dann herauszufiltern, wie das Problem kostengünstig zu lösen ist.

Und im Hintergrund lauern schon Haushaltsaufsicht und Rechnungshof?

Alscher: Den Bericht, den uns der Rechnungshof nach seiner Prüfung vor drei Jahren hat zukommen lassen, versuchen wir derzeit Punkt für Punkt abzuarbeiten. Die Sache mit der Campus-Sporthalle ist zweifellos ziemlich zäh gelaufen. Zwischenzeitlich konnten aber etliche Fragen intern geklärt werden, demnächst geht der erweiterte Förderungsantrag raus.

"Gehakt" hat es längere Zeit auch in Sachen Jugendbeirat. Wie ist da jetzt die Lage?

Alscher: Der Beirat hat sich gerade formell konstituiert, nachdem er sich zuvor mehrmals inoffiziell getroffen und schon mehrere Arbeitsgruppen gebildet hat. Jugendpfleger Tom Sessa hat ein gutes "Standing" beim Landkreis und in Mainz. Unterm Strich bringt der Jugendpfleger aber mehr Geld (durch Spenden, Förder- und Drittmittel) als er uns in den Personalausgaben kostet.

Ganz zufrieden stimmt mich die Bestandsaufnahme bei den Kindertagesstätten. Das wird noch eine Zeit lang so laufen. Aber dann müssen wir uns umorientieren. Bei den Grundschulen machen sich bereits sinkende Kinderzahlen bemerkbar.

Droht neuer Konfliktstoff - etwa in Form des Wasserzweckverbands?

Alscher: Die Zusammenarbeit im Wasserzweckband empfinde ich vorwiegend positiv. Sie ist offen, ehrlich und angenehm - mit meinen Bürgermeisterkollegen gib es keine Probleme. Ich würde diese Art von interkommunaler Kooperation gerne noch intensivieren und auf andere Bereiche ausweiten.

Und wie steht es mit all den Tierarztjahren. Trauern Sie denen nicht doch ein bisschen nach?

Alscher: Gewiss! Leid tut mir insbesondere, dass ich mich nicht mehr intensiver mit meinem alten Beruf auseinandersetzen kann. Etwas mehr Freizeit wäre schön. Zudem ich - bei 31 Ortsgemeinden - nicht auf jeder Kirmes tanzen will. Ich glaube nämlich, bei mir zunehmend Stress-Symptome wie leises Zähneknirschen zu entdecken. Wohl auch, weil ich die Arbeit ernst nehme.

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