Die Züge haben immer Vorfahrt

Bald werden wieder Fahrten auf der historischen Hunsrücktrasse zwischen Morbach und Büchenbeuren angeboten. Doch die Autofahrer haben sich seit vielen Jahren daran gewöhnt, dass kein Zug kommt, wie eine Probe aufs Exempel beweist. Aber: "Der Schienenverkehr hat immer Vorfahrt", betont Hochwaldbahn-Geschäftsführer und Betriebsleiter Bernd Heinrichsmeyer.

 Kaum ein Autofahrer hielt auf der Belginumstraße in Hinzerath an, um den Schienenbus durchzulassen. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Kaum ein Autofahrer hielt auf der Belginumstraße in Hinzerath an, um den Schienenbus durchzulassen. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Morbach/Hermeskeil. Gemächlich rumpelt der VT 55, ein Schienenbus Baujahr 1960, über die Gleise. Diesmal fährt der Chef der Hochwaldbahn-Verkehrsgesellschaft, Bernd Heinrichsmeyer, der auch Lokführer ist. Bis auf 60 Stundenkilometer darf er seinen Triebwagen beschleunigen.

"Jetzt kommt ein P-Schild. Ab da muss ich auf 20 Stundenkilometer runter, denn es kommt ein Bahnübergang" erklärt er die Schienenverkehrsregel. Zusätzlich löst er einen Pfiff als Warnung an den Querverkehr aus und schaut genau nach, ob niemand gefährdet werden könnte.

29 Bahnübergänge auf 19 Kilometern



Wie reagieren Autofahrer an einem Bahnübergang, wenn der Triebwagen direkt davor steht? Am Übergang Hinzerath an der Belginumstraße sind neue An dreaskreuze installiert worden, das Zeichen für "Vorfahrt gewähren" für den Schienenverkehr. Gerade mal zwei Autos halten in einer Viertelstunde. Nur wenige reduzieren die Geschwindigkeit. Die meisten fahren unbeeindruckt weiter, so als ob der Triebwagen gar nicht da wäre.

"Diese Strecke ist nie stillgelegt worden. Da hätten seit den 50er Jahren immer Züge drauf fahren dürfen", warnt der HWB-Chef und verlangt von den Autofahrern erhöhte Sorgfalt.

Insgesamt 29 Bahnübergänge, davon nur zwei mit Schranken, kreuzen die 19 Kilometer lange Strecke zwischen Morbach und Büchenbeuren. Auf kleinen Übergängen im Wald könnte der Triebwagen auch Mountainbiker oder Wanderer erwischen.

Selbst auf der Trasse nach Hermeskeil, die noch stillgelegt ist, dürfen mittlerweile so genannte "Baufahrten" gemacht werden.

"Bei einer Kollision zieht ein Auto immer den Kürzeren, denn ein Schienenbus hat ein Gewicht von 21 Tonnen, bei 60 Stundenkilomtern einen Bremsweg von 250 Metern und man kann auf Schienen auch nicht ausweichen", warnt Heinrichsmeyer.

Bei einer Verkehrsschau durch die Straßenverkehrsbehörde der Kreisverwaltung, die Polizei und die Straßenmeisterei Bernkastel wurde der Zustand vieler Andreaskreuze und Warnbarken bemängelt.

Diese sind mittlerweile auf Anordnung der Straßenverkehrsbehörde alle ersetzt worden. Auch Bewuchs, der die Sicht zwischen Schienen- und Straßenverkehr behindert, wurde beseitigt.

Doch wie wird die Einhaltung der Vorfahrtsregel "Schiene vor Straße" überwacht? "Wir können uns nicht an jeden Bahnübergang stellen", sagt Thomas Haupenthal von der Polizeiinspektion Morbach.

Vorstellbar sei jedoch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, wobei sich Beamte an einem Bahnübergang postieren und die Autofahrer in persönlichen Gesprächen auf die Gefahren aufmerksam machen.

Meinung

Gefahr muss in die Köpfe

Demnächst will Hochwaldbahn-Chef Bernd Heinrichsmeyer zumindest auf den Gleisen zwischen Büchenbeuren und Morbach wieder Züge fahren lassen. Doch auch wenn sich diese Tatsache im Hunsrück bereits herumgesprochen hat, so ist sie noch lange nicht in den Köpfen der Autofahrer. Sie sind jahrelang im Hunsrück unterwegs gewesen, ohne die zahlreichen Andreaskreuze eines Blickes zu würdigen. Sicherlich ist es richtig, die unterschiedlichen Warnschilder an den Kreuzungen mit der Straße auf den neuesten Stand zu bringen. Aber reicht das wirklich? Da ist intensive und gute Öffentlichkeitsarbeit gefragt, damit der - wenn auch verhaltende - Start mit ein paar Fahrten zu touristischen Zwecken in eine neue Ära der Hunsrückbahn in der Region nicht von einem Unglücksfall überschattet wird. Darüber müssen sich die Verantwortlichen im Klaren sein und auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Aber auch Autofahrer, Mountainbiker, Radler und Fußgänger müssen sich der Gefahr bewusst werden. Beim Queren der Schiene gilt: Erst schauen, dann fahren. i.rosenschild@volksfreund.de

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