"E Schnitzelche in de Pan gehaut"

Morbach . Hilde Becker war einmal. Heute heißt sie Vanessa Backes und ist auf Männersuche. Mit ihrem Programm "Blind Date" boten Alice Hoffmann und Detlev Schönauer auch in Morbach exzellente Unterhaltung.

Da will man völlig entspannt einen schönen Abend genießen, den Alltagsstress hinter sich lassen, freut sich darauf, dass man unterhalten wird - und dann das. Kaum hat man den Festsaal betreten und will sich erwartungsfroh setzen, wird man von einer aufgetakelten Frau angesprochen, ob man denn etwas mit der Zeitung zu tun habe. Ob man vielleicht eine Annonce aufgegeben habe oder sich vielleicht hier und heute mit jemandem verabredet habe. Es bedarf schon richtiger Überzeugungsarbeit, der "Dame" klar zu machen, dass man nicht nach Morbach in die Baldenauhalle gekommen ist, um sich mit einem einsamen Herzen zu treffen. Keiner fährt freiwillig von Paris nach Morbach

Aber damit nicht genug. Die Dame will dann auch noch seelische Betreuung. Will wissen, wie sie sich verhalten soll, wenn ihr der, den sie erwartet, nicht zusagen sollte. Vom Ratschlag, ihn dann einfach in die Wüste zu schicken, will sie nichts wissen, weil: in Morbach habe es ja gar keine Wüste. Man ist also direkt mitten drin, im ganz normalen Leben, noch bevor man überhaupt seinen Platz eingenommen hat, als Vanessa Backes (Alice Hoffmann) und der Bistrobesitzer Jacques (Detlev Schönauer) mit ihrem Programm "Blind Date" beginnen. Bevor es dann richtig losgeht, muss Vanessa wegen ihrer Blasenschwäche, ihrer "Inkompetenz" erst noch einmal schnell verschwinden. Zeit genug, damit Jacques erst einmal an das Publikum austeilen kann. Etwa, wenn er, der Franzose, den es ins Saarland verschlagen hat, feststellt, dass ja keine Sau freiwillig von Paris nach Morbach fahren würde. Oder wenn er die Morbacher, die ja zum Hunsrück gehören, dafür lobt, dass sie den Schwenkgrill erfunden haben. Das sei vor ungefährt 100 000 Jahren gewesen, und seitdem habe sich hier nichts mehr verändert. Jacques kleines Bistro bot die Kulisse, war der Treffpunkt für Vanessa und ihre noch unbekannte Verabredung (Erkennungszeichen: eine rote Rose), auf die sie so aufgeregt und ungeduldig wartet. Bis sich der potenzielle Tröster (wer anders als Jacques) zu erkennen gibt, ist genug Zeit, die Vorurteile gegenüber den Nachbarn aus dem Saargebiet bestätigen und vergrößern zu lassen. Auch die Kirche kriegt ihr Fett weg

Etwa, wenn Vanessa ihre Kenntnis über Politiker (Frau Leuchthäuser-Drückeberger) preisgibt oder aber zugeben muss, dass ihr die "Brigitte-Diät" nichts genutzt hat, weil das Roastbeef ihr zu teuer war und sie sich stattdessen "e Schnitzelche in de Pan gehaut hat." Auch die "Schlimm-Fast-Kur" hat nicht geholfen, weil sie nie begriffen habe, ob man "des Zeusch nu vor oder nach dem Esse soll drinken." Auch die Philosophie kommt nicht zu kurz. Sie stellt fest, dass der Grundsatz "Der Klügere gibt nach" ja letztendlich bedeutet, dass die Welt von Dummschwätzern beherrscht wird. Die Kirche kriegt am Rande auch noch ihr Fett ab. Die verbiete nämlich die Homosexualität, "weil das wi(e)der natürlich ist. So ein Quatsch". Der erste Teil des Abends war ein höchst amüsantes Feuerwerk der Unterhaltung. Der zweite Teil geriet ein bisschen in die weniger geschmackvolle Klamaukecke, in der sich Jacques ausführlich mit den Problemen eines Diarrhoekranken in einer Fußgängerzone befasste. Alles in allem aber wurde das in der großen Halle übersichtliche Publikum exzellent unterhalten.

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