Ein Denkmal für Nanny Lambrecht

Nanny Lambrecht ist ein Stück Hunsrücker Literaturgeschichte. Im schnelllebigen bundesdeutschen Kulturbetrieb hat sie heute kaum eine Bedeutung mehr. In ihrem Geburtsort Kirchberg ist sie allerdings unvergessen.

Kirchberg. Ein in Lindenholz geschnitztes Relief mit dem Porträt von Nanny Lambrecht soll auch künftig das Andenken an die 1868 in Kirchberg geborene Dichterin wachhalten. Von Armin Peter Faust geschaffen, wird es auf der Innenseite des zwischen Marktplatz und Michaeliskirche zentral gelegenen Torbogens nun einen Ehrenplatz erhalten.

Der Kulturkreis und die Frauen aus Ober Kostenz gestalteten die würdige Feier zur Übergabe. Mit ihrem im Jahr 1909 erschienenen Roman "Armsünderin", der in Sohren spielt, sorgte Nanny Lambrecht für erhebliches Aufsehen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine junge Frau aus einer Sippe von Kesselflickern, die vom Sohn eines wohlhabenden Bauern schwanger wird und - von allen Dorfbewohnern abgewiesen - ihr Kind als unverheiratete Mutter zur Welt bringen muss. Diese Thematik war Teil der Sozialen Frage, die um die Wende zum 20. Jahrhundert heftig diskutiert wurde. Mit ihrer "Armsünderin" initiierte die Autorin einen katholischen Literaturstreit. Dieser Konflikt war eingebettet in eine größere Kontroverse um die Stellung der Katholiken im protestantisch dominierten Deutschen Kaiserreich.

Die Publikation erzürnte die papsttreuen, konservativen "Ultramontanen". In der Folgezeit blieb Nanny Lambrecht der katholische Buchmarkt verschlossen. Trotzdem ziehen sich das Engagement für Sozialschwache und das Eintreten für die Emanzipation der Frau wie ein roter Faden konsequent durch alle Werke Lambrechts.

Anna Lambrecht, genannt Nanny, wurde am 15. April 1868 in Kirchberg, im Haus des ehemaligen Cafés Obertor, geboren. Ihre beiden älteren Schwestern waren in den USA zur Welt gekommen, wohin ihre Eltern 1854 ausgewandert waren. Sie kehrten jedoch relativ schnell in ihre alte Heimat zurück. Nanny besuchte ein Lehrerinnenseminar in Xanten. Ihre erste Stelle hatte sie an einer zweisprachigen Schule in Malmedy. 13 Jahre lang unterrichtete sie als Lehrerin. Doch ihre wahre Berufung war das Schreiben.

Sie etablierte sich ab 1904 als freie Schriftstellerin. In Malmedy lernte sie ihre Lebensgefährtin kennen, mit der sie bis zu ihrem Tod am 1. Juni 1942 in Schönenberg an der Sieg zusammenlebte. Armin Peter Faust, in Weierbach lebender und in vielen Sparten künstlerisch Tätiger, hatte im vergangenen Jahr eine Ausstellung in Kirchberg. Daraus resultierte sein Werk einer literarischen Tabubrecherin, das er der Stadt schenkte.

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