Ein Diener zweier Herren

NEUMAGEN-DHRON/THALFANG. Not macht erfinderisch. Zwei kleine Verbandsgemeinden im Kreis Bernkastel-Wittlich gehen derzeit ungewöhnliche Wege, um Kosten zu sparen und dennoch gutes Personal zu bekommen.

 Ein Mann, zwei Arbeitgeber: Rainer Nicolay (vorne) und die beiden Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo (links) und Hans Werner Schmitt.Foto: Ilse Rosenschild

Ein Mann, zwei Arbeitgeber: Rainer Nicolay (vorne) und die beiden Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo (links) und Hans Werner Schmitt.Foto: Ilse Rosenschild

RainerNicolay ist Systemadministrator. Seit Dezember hat der 30-Jährigezwei Brötchengeber, zwei Arbeitsplätze und auch zweiLohnsteuerkarten. Wie das funktioniert? Er arbeitet jeweils inTeilzeit für die Verbandsgemeinden Thalfang und Neumagen-Dhron. Am Anfang stand ein Problem: Wie findet man einen Fachmann in Sachen EDV, den man eigentlich nur halbtags beschäftigen und bezahlen kann? Das Rathaus Neumagen-Dhron hat beispielsweise lediglich 25 Bildschirm-Arbeitsplätze. Die Idee, auf diesem Sektor zu kooperieren, wurde bei einem Gespräch der beiden Bürgermeister von Thalfang und Neumagen-Dhron geboren.

Gute Fachkräfte im EDV-Bereich seien rar und teuer, waren sich die beiden Verwaltungs-Chefs Hans Werner Schmitt und Hans-Dieter Dellwo einig. Warum sich dann nicht einen guten Mann teilen? Informations- und Kommunikationstechnologien seien in Zukunft wichtiger denn je, sind beide Bürgermeister überzeugt. Alle Verwaltungen seien auf dem Weg zu vernetzten Verwaltungen, und auf diesem Weg soll Bankkaufmann Nicolay, der sich in Sachen EDV intensiv weitergebildet hat, weiterhelfen.

Mit der unkonventionellen Lösung liegen die beiden Bürgermeister im Trend. "Generell versucht man landesweit, sich in diesem Zusammenhang neu aufzustellen", erklärt Bürgermeister Schmitt im TV -Gespräch und erinnert auch an die landesweite Enquête-Kommission, die sich momentan mit dem Thema befasst. Auch sein Thalfanger Bürgermeister-Kollege Hans-Dieter Dellwo weist auf die Notwendigkeit zur Kooperation hin: Die Zweckverbände HuMos oder Erbeskopf hätten "gezeigt, dass wir verschiedene Aufgaben gar nicht allein bewältigen können". Doch es werde "kein Rad neu erfunden".

Die Arbeitsverträge von Nicolay sind jeweils auf 19,25 Stunden festgeschrieben. Doch der EDV-Fachmann muss sich nicht sklavisch in jeder Woche genau an die Stundenzahl halten. Er arbeitet, "wo\\\'s gerade besonders klemmt", sind sich die Bürgermeister einig. Nur im Jahresmittel soll die Arbeitszeit in etwa stimmen.

Nach einem Jahr zieht man Bilanz

Die Aufgaben sind vielfältig. In einem Kooperationsvertrag der beiden Verbandsgemeinden sind die Tätigkeiten festgehalten, denen Nicolay nachgehen soll. Es fängt an beim regelmäßigen "Updaten" der verschiedenen Software-Arten, von "Elvis", der Software fürs Standesamt, bis zu "Carat" für die Finanz- und Anlagen-Buchhaltung.

Derzeit hat Nicolay alle Hände voll damit zu tun, Firmen unter die Arme zu greifen, die die Software für das neue Melde-System EWOIS installieren, für das am 1. April landesweit der Startschuss fallen soll. Auch die Umstellung der Benutzer-Struktur auf die "Gemeinde 21", der Aufbau eines Intranets - ein internes Informationssystem für die Mitarbeiter einer Verwaltung oder eines Unternehmens - und die Schulung und Ausbildung von Mitarbeitern gehört zu seinen Aufgaben. Apropos Mitarbeiter: Die Einstellung von Nicolay löst auch ein weiteres Problem insbesondere bei kleinen Kommunen. Da auch zuvor Mitarbeiter für die EDV zuständig waren, können künftig Vertretungs- und Krankheitsfälle besser gelöst werden.

Der erste sichtbare Erfolg der neuen Zusammenarbeit wird in Kürze zu sehen sein: der neue Internet-Auftritt der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron. Zwar war die nach Einwohnern kleinste Verbandsgemeinde im Land schon bisher "drin", sie hatte allerdings nur einen touristischen Auftritt. Das soll sich schon bald ändern. Künftig soll sich die gesamte Verbandsgemeinde im Netz präsentieren. Die neue Adresse lautet: www.vgv-neumagen-dhron.de. Nicolay hat die neuen Seiten erstellt und kann künftig rasch reagieren, wenn Dinge aktualisiert werden müssen. Das war bislang schwierig: In der Vergangenheit konnte Neumagen-Dhron nur viermal im Jahr Änderungen vornehmen lassen - von Aktualität keine Spur.

Auch der Internet-Auftritt der Verbandsgemeinde Thalfang rückt näher. Der Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Thalfang befasst sich am kommenden Dienstag grundsätzlich mit dem Thema. Dessen Zustimmung vorausgesetzt, wird daran gedacht, die Gestaltung des Internet-Auftritts in Auftrag zu geben. Nicolay soll das Vorhaben dann flankierend begleiten. Grundsätzlich ist auch daran gedacht, dass Bürger die Möglichkeit haben sollen, ihren Hund via Internet anzumelden oder ein Führungszeugnis zu "bestellen". Doch auch in Zukunft wird sich der Bürger ins Rathaus begeben müssen. Denn noch ist die Frage der "elektronischen Unterschrift" nicht geklärt, obwohl auf Bundes- und Länderebene nach einer Lösung gesucht werde.

Ob dieses Beispiel Schule macht? Die beiden Bürgermeister sind in dem Punkt offen. Nach einem Jahr will man sich zusammensetzen und schauen, wie es weitergeht. Grundsätzlich vorstellbar seien Kooperationen in anderen Bereichen, um Kosten zu sparen.

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