Ein Koffer als Keimzelle fürs Hunsrücker Holzmuseum

Mit einem imaginären Gegenstand fing alles an. Der heutige Museumsleiter Michael Pinter rührte mit einem "Museums-Koffer" die Werbetrommel für das künftige Hunsrücker Holzmuseum. Bis heute wird die Einrichtung komplett ehrenamtlich betrieben.

Weiperath. Vor zehn Jahren wurde in Weiperath das Hunsrücker Holzmuseum eröffnet. Auf ein förmliches Geburtstagsfest verzichten die Verantwortlichen. Stattdessen laden sie am Samstag, 9. Oktober, zur zweiten Jubiläumsnacht ein. Doch wie kam es eigentlich zu dem Museum in Weiperath? Und was ist das Geheimnis der mit insgesamt 57 000 Gästen gut besuchten Einrichtung?

Die Vorgeschichte: Ein Koffer spielt in der Geschichte des Hunsrücker Holzmuseums, das in diesen Tagen einen runden Geburtstag feiert, eine große Rolle. Zehn Jahre lang waren Michael Pinter, heute Museumsleiter in Weiperath, und seine Mitstreiter vom Hunsrückverein auf der Suche nach einem Gebäude für ein Heimatmuseum in Morbach. Frustriert unternahm Pinter einen, wie er sagt, "allerletzten Anlauf". "Museum im Koffer" nannte er eine Veranstaltung auf dem Schulhof in Gutenthal. Seine Idee: Wer aus dem Koffer lebt, hat kein Dach über dem Kopf. Und damit war die Situation treffend beschrieben. Einen Tag lang wurde auf dem Schulhof "Großvaters Landwirtschaft" wieder zum Leben erweckt. Unter dem Eindruck der erfolgreichen Veranstaltung sagte Erwin Lieser, der damalige Bürgermeister der Einheitsgemeinde, Pinter ein Domizil fürs Museum zu.

Der Standort: Nur kurze Zeit später erwarb die Gemeinde den ehemaligen Weiperather Schulsaal, in dem bislang die Raiffeisenkasse untergebracht war. Das Gebäude befand sich ebenso in schlechtem Zustand wie zwei angrenzende Gebäude, die ebenfalls dem künftigen Museum zugeschlagen wurden. Die Gesamtkosten für Sanierung und Einrichtung betrugen 1,6 Millionen Mark.

Das Konzept: Statt eines Heimatmuseums im eigentlichen Sinne entschieden sich die Organisatoren aus Gründen der Attraktivität für ein Spezialmuseum. Unterschiedlichste Ideen wurden erwogen: ein Museum der Armut ebenso wie ein Hottenmuseum. Hotten sind quasi die Rucksäcke der Hunsrücker Vorfahren. Es handelt sich um Tragekörbe aus Haselnussholz. Das Naturprodukt hat bis heute einen großen Stellenwert in der Gemeinde. Morbach ist beispielweise bis heute ein wichtiger Sägestandort.

Die Organisation: Die Gemeinde Morbach ist der Träger. Die Einrichtung wird allerdings komplett ehrenamtlich betrieben: von der Aufsicht über den Betrieb der Gaststube bis zur Ausstellungskonzeption. Ursprünglich war das Konzept aus der Not geboren. Für Michael Pinter sind die 90 Freiwilligen heute allerdings die "Basis des Erfolgs". Ralf Becker, im Morbacher Rathaus für Museen zuständig, hält das Engagement für "beispiellos". Becker: "Wir sind stolz auf diese Einrichtung."

Ausstellungen: Neben der Dauerausstellung werden den Besuchern jährlich wechselnde Sonderausstellungen angeboten. Die erfolgreichste war die Schinderhannes-Schau im Jahr 2003 mit 7500 Besuchern. Die aktuelle Ausstellung heißt " ,rota' bewegt die Kultur". Im Mittelpunkt steht die Erfindung des Rads. Hinzu kommen Großveranstaltungen wie die "Dendro", eine Hunsrücker Holzmesse.

Ausblick: Im kommenden Jahr wird ein Erweiterungsbau eröffnet. Kosten: 210 000 Euro. Er soll unter anderem die Werkstatt eines Stellmachers (Wagner) beherbergen. Der langjährige Museums-Chef hat allerdings zwei weitere Visionen: Er träumt von einem "Holzweg" zwischen dem Museum und der Walholzkirche zwischen Weiperath und Hunolstein. Eine Reihe von Skulpturen sollen am Wegrand stehen. Zudem schwebt ihm die Auslobung eines Preises für Innovationen im Holzbereich vor. Doch das ist Zukunftsmusik.

Extra

Programm

Zur zweiten Museumsnacht laden die Organisatoren des Hunsrücker Holzmuseums für Samstag, 9. Oktober, von 19 bis 24 Uhr in das Hauptgebäude des Museums, ins Haus Rosa und in den noch nicht eingeweihten Rohbau nach Weiperath ein. Im Hauptgebäude und im Neubau sind Holzkünstler und -handwerker vom Geigenbauer bis zum Restaurator bei der Arbeit zu sehen. Im Haus Rosa wird gezeigt, wie Flachs bearbeitet wird. Gegenüber dem Haus führt der Heimatverein Weiperath seine neue Kelter vor. 19 Uhr: Eröffnung mit dem Alphorntrio aus Kasel im Museumshof. 19.30 Uhr: Ensemble des Musikvereins Weiperath. 20.45 Uhr: Mandolinenclub Langweiler. 22 Uhr: Heimat-Literatur mit Musik. Es lesen die Autoren Armin Peter Faust, Fritz Langensiepen und Heinz Nisius (Alle Veranstaltungen im großen Raum der Sonderausstellung). Eintritt für das gesamte Programm: 2 Euro. (iro)

Meinung

Dicke Bretter gebohrt

Von Ilse Rosenschild

Michael Pinter und seine Mitsteiter mussten jahrelang dicke Bretter bohren, bis das Heimatmuseum der besonderen Art im Jahr 2000 eröffnet werden konnte. Doch die Leistung, zehn Jahre lang eine solche Einrichtung mit Engagement und Sachkenntnis komplett ehrenamtlich zu führen, darf nicht unterbewertet werden. "Wir sind ein kleiner Betrieb", hatte der Museumsleiter vor zehn Jahren im TV gesagt. Mit 90 Mitarbeitern handelt es sich um ein beachtliches mittelständisches Unternehmen. Wie in vielen erfolgreichen Firmen ist in Weiperath eine "Familie" zusammengewachsen, ohne die die Einrichtung undenkbar wäre. i.rosenschild@volksfreund.de

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