Ein lebendiges Archiv

HILSCHEID. Für seine Lebensleistung als "Dorfberater" und Kommunalpolitiker wurde der seit 25 Jahren tätige Ortsbürgermeister Herbert Kling geehrt. Er beherrscht Hand- und Kopfarbeiten, gepaart mit einer Portion Bauernschläue und ist ein Glücksfall für sein Dorf.

 Fotos, Pokale und Urkunden: Sie erinnern an Ereignisse, die das Hilscheider Dorfleben geprägt haben. Herbert Kling weiß viel darüber zu erzählen.Foto: Hans-Josef Loch

Fotos, Pokale und Urkunden: Sie erinnern an Ereignisse, die das Hilscheider Dorfleben geprägt haben. Herbert Kling weiß viel darüber zu erzählen.Foto: Hans-Josef Loch

Herbert Kling weiß, wo welches Rohr verlegt wurde, wo jenes Kabel hinführt, wem welches Grundstück vom Feld bis in den Wald gehört. Doch er ist nicht nur ein "lebendiges Archiv", sondern auch Landwirt, "Altmaterialhändler", Rechnungsprüfer, Chronist, Feuerwehrmann, Sänger, Büttenredner und vor allem Kommunalpolitiker. 25 Jahre ist der 74-Jährige nun schon Ortsbürgermeister von Hilscheid. Dafür und für sein jahrzehntelanges Engagement im Dorf ehrte ihn nun Verbandsgemeindebürgermeister Hans-Dieter Dellwo.Herbert Kling blickt auf ein Leben zurück, das er ganz der Landwirtschaft und der Dorfgemeinschaft verschrieben hat. Drei Jahre war er alt, als sein Vater Emil mit nur 35 Jahren starb. Im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb ging es nur mit hilfe der Verwandtschaft weiter. Kaum zehn Jahre alt musste Herbert Kling schon Verantwortung übernehmen. Der Knirps ging nicht nur in der Schulpause heim, um sein Frühstücksbrot abzuholen, sondern klärte, was mittags zu erledigen war. Kaum von der Schule zu Hause, musste er mit seinem Opa bis abends aufs Feld. Bis zur Schulentlassung an Ostern 1944 hatte sich der damals 14-Jährige Vieles selbst beigebracht. Von nun an führte er den neun Hektar großen Bauernbetrieb selbstständig. Gerne hätte er die Morbacher Landwirtschaftsschule besucht. Aber er konnte dort weder als Internatsschüler antreten, weil er ja zu Hause einen Betrieb hatte, noch als Pendelschüler, weil kriegsbedingt alle Zugbrücken gesprengt waren.Klings Wissensdurst war aber riesengroß und er befasste sich trotzdem mit allem, was nach Landwirtschaft "roch". Schnell erkannten die alten erfahrenen Bauersleute, was in dem Lausbub steckte. So einen wie Herbert brauchte man natürlich auch in der Feuerwehr. Zehn Jahre lang, von 1965 bis 1975, war der Mann mit den technischen Fertigkeiten stellvertretender Wehrführer. Mit seinen Kameraden nahm er 13 Jahre lang an überregionalen Gruppenwettkämpfen teil. Bis heute ist Herbert Kling - ausgezeichnet mit dem silbernen und goldenen Feuerwehrehrenzeichen - seiner Dorfwehr treu geblieben.In Hilscheid erkannten auch viele andere, dass hier einer war, der Verantwortung übernehmen konnte und wollte. So wurde er von der 1878 gegründeten Dampfdreschgenossenschaft vereinnahmt. Und auch der Gesangsverein freute sich, als sich das heutige Ehrenmitglied 1949 dem MGV Frohsinn anschloss. Zudem war Kling von 1967 bis 1978 zweiter MGV-Vorsitzender und von 1960 bis 1969 im Gemeinderat.Dann folgte eine selbst auferlegte Pause, weil nach seiner Ansicht die Parteipolitik, die nach einer Listenwahl nun Einzug hielt, im Dorfrat nichts zu suchen hatte. Doch fünf Jahre später mischte er kommunalpolitisch wieder mit. Er lehnte zunächst das Ortsbürgermeisteramt ab, dann den Beigeordnetenposten, was nach Klings Aussage seine Ratskollegen hat"wiischt" (böse) werden lassen und sie "geschennt hann mit ma"."Mädchen für alles" mit Blitzideen

"Ich habe eingelenkt, bin Beigeordneter geworden und als am 17. Dezember 1977 Ortsbürgermeister Walter Haink starb, blieb mir nichts anderes übrig, als sein Nachfolger zu werden", erzählt Kling. In seiner ersten Amtsperiode kam schon einiges auf ihn zu: die Kanalisation im Neubaugebiet und das Dorfgemeinschaftshaus, für das er 60 000 Mark Zuschüsse rettete. Später kümmerte er sich um den Straßenbau, weitere Kanalarbeiten und die Wasserleitung. Zu letzteren drei Sachen zitierte am diesjährigen Gemeindetag der erste Ortsbeigeordnete Detlef Haink einen ehemaligen Schachtmeisterkollegen: "Ohne den ortskundigen Herbert hätte mir viel mehr kaputt gemacht." "Das Mädchen für alles" zeichnete sich aber auch durch gute Ideen aus. Für den Blitzgedanken mit dem Verkauf von alten Treppen und Fensterrahmen sowie einem Nostalgie-Dreschmaschinenmotor Porzellan für das Gemeinschaftshaus zu erstehen, ließ er sich gerne als "Altmaterialhändler" titulieren. Und das ist noch lange nicht alles: Außerdem ist er Rechnungsprüfer im Forstverband Talling, er sitzt im Bauausschuss des Zweckverbandes der zwölf Gemeinden sowie im Festausschuss "175 Jahre Haardtwald". Die im Jahr 2000 erschienene Dorfchronik hat auch Herbert Kling mit Wissen, Zeitaufwand und Herzblut zusammen mit Dr. Ulrich Lehnart liebevoll aufgearbeitet. Und närrisch ist er auch: 22 Jahre lang stand das Unikum Herbert Kling in der Bütt. Dass er sich all die Jahre nicht umsonst engagiert hat, bekam Herbert Kling zu spüren, als er nach einem schweren Unfall im Krankenhaus lag: Die Frauengymnastikgruppe half beim Rübenausmachen, die "jungen Kerlcher, die ich bei der Feuerwehr ausgebildet habe, haben rührend nach mir gefragt", und die Hilscheider Kinder haben Briefe mit Genesungswünschen geschrieben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort