Erst WM, dann Staatsbesuch

GONZERATH. Der Bereitschaftspolizist Gerd Schneider aus Gonzerath ist viel unterwegs. Vier Wochen lang schob er Nachtdienst während der Fußball-Weltmeisterschaft in Kaiserslautern. Heute ist er einer von mehr als 12 000 Beamten in Stralsund, die die Sicherheit des amerikanischen Präsidenten gewährleisten sollen.

Für viele seiner Kollegen ist der Dienst bei der Bereitschaftspolizei in Wittlich-Wengerohr nur eine kurze Station in ihrer Karriere. Der Gonzerather Gerd Schneider ist allerdings seit 23 Jahren bei der "Bepo", wie sie in Kurzform heißt. Die Vielseitigkeit ist das, was ihn bis heute an seinem Beruf reizt. Kaum zurück von vier Wochen in der WM-Stadt Kaiserslautern, hieß es für den Polizeioberkommissar schon wieder Koffer packen. Ab sofort steht für den Gruppenführer die Ostseeküste auf dem Dienstplan. Einsatzort: Stralsund. Schneider ist mit seiner Gruppe im Streckenschutz eingeteilt, an einem festgelegten Abschnitt auf einer der möglichen Routen, den der Konvoi von Bundeskanzlerin Angela Merkel und George Bush fahren wird. "Ob wir die Fahrzeugkolonne überhaupt zu Gesicht bekommen", weiß der 48-Jährige nicht. Für den Gonzerather ist diese Frage allerdings auch weniger interessant als beispielsweise die nach der Unterbringung des Teams, für das er als Gruppenführer verantwortlich ist. Denn die größte Polizeiaktion im deutschen Nordosten ist auch eine logistische Herausforderung. Seine Einheit sollte zunächst in einer ehemaligen Kaserne untergebracht werden, doch dann ging's überraschend ins Hotel - 180 Kilometer von Stralsund entfernt. Wegen der langen Anfahrt ist bereits um 4 Uhr morgens Dienstbeginn, Ende offen. Für die Bevölkerung der Hansestadt wird der Staatsbesuch mit erheblichen Einschränkungen verbunden sein. Dass viele Anwohner darüber nicht begeistert sein werden, davon geht Schneider aus. Das sei "auftragsspezifisch". Doch immerhin gehe es um die Sicherheit des mächtigsten und am meisten gefährdeten Mannes der Welt. Von der Fanmeile zum Staatsbesuch: Für Gerd Schneider ist das eine gewaltige Umstellung, angesichts der "Superstimmung und des WM-Geists", die er vier Wochen lang in Kaiserslautern erlebt hat. Sein Dienst begann stets erst um 1 Uhr nachts, als alles schon vorbei war. Häufig genug mussten seine Leute, darunter vier Frauen, vor allem Fragen beantworten. Sei es, wo der nächste Bahnhof ist oder wo die Toiletten. Mussten die Beamten doch einschreiten, etwa bei einer Schlägerei, vermerkte Schneider im Einsatzbericht meist: "Schlichtung durch Anwesenheit". Die Einsätze waren nicht immer WM-spezifisch. Wenn in der Nähe ein Einbruch verübt wurde, galt es auch die örtlichen Kollegen zu unterstützen. Besonders im Gedächtnis sind ihm die Begegnungen mit den Fans aus aller Welt geblieben. Sein skurrilstes Erlebnis war eine Begegnung mit einem "waidwunden Känguru". Eines Nachts torkelte ihm ein nicht mehr nüchterner kostümierter Australier entgegen. Auch dem Mann konnte geholfen werden. Eines hat ihn trotz der zahlreichen positiven Begegnungen mit gut gelaunten Menschen doch gewurmt: "Wir haben kein einziges Spiel gesehen." Weder im Stadion, noch auf der Fan-Meile. Woran lag's? Schneiders Gruppe hatte ausschließlich Nachtdienst. Die Einsätze begannen nachts erst gegen 1 Uhr. Dann, wenn auch die Spiele samt Verlängerung und Elfmeterschießen längst vorbei waren. Erst nach der letzten Begegnung gelang es den Beamten, das Fritz-Walter-Stadion zu betreten, um wenigstens ein Erinnerungsfoto schießen zu können. Nicht jeder Dienst ist so spektakulär wie die in Kaiserslautern und Mecklenburg-Vorpommern. Zwar hat er auch Castor-Transporte bewacht und auf Mülldeponien nach Beweisstücken für Kapitalverbrechen gesucht, doch häufig verrichtet er ganz normale Polizeiarbeit. Zum Beispiel unterstützt er Inspektionen in Morbach oder Zell, die Autobahn-Polizei in Schweich oder auch den Kriminaldauerdienst in Trier. Das nächste Großereignis für die die "Bepo" findet übrigens in der Region statt: das Techno-Spektakel "Nature One" in Hasselbach Anfang August.

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