Familie setzt auf Fantasie

Wenn die Mutter mit dem Sohne regelmäßig in den Erotikshop geht, hat das in diesem Fall rein berufliche Gründe: Die Chefin des Pärchen-Hotels "Fun&Joy" besorgt mit dem Junior ab und an Preise für die nächste Tombola, die im Rahmen einer Party die Gäste erfreuen sollen.

 In das Pärchen-Hotel in Hüttgeswasen kommen Gäste aus ganz Europa. Foto: Reiner Drumm

In das Pärchen-Hotel in Hüttgeswasen kommen Gäste aus ganz Europa. Foto: Reiner Drumm

Allenbach. Ein Familienunternehmen der ungewöhnlichen Art ist das im Juli 2006 eröffnete Pärchen-Hotel "Fun&Joy" bei Hüttgeswasen. Vater Kurt und Mutter Ute, die Söhne - der 24-jährige Holger (mit Partnerin Ute Klingelschmitt) und der 21-jährige Jens - sind rund um die Uhr damit beschäftigt, sich um den Hotelbetrieb und die Kunden zu kümmern. Das hoch gesteckte, aber offenbar durchaus realistische Ziel ist klar definiert: Die aus Düsseldorf stammenden Freibergs wollen die "Nummer 1" in Sachen Erotikhotels in Deutschland werden. Ute Freiberg plaudert mit fast mütterlich wirkendem Charme über den nun verwirklichten Traum vom Pärchen-Hotel, das Swinger-Leben, immer noch bestehende Vorurteile - und die herrliche Landschaft im Hunsrück, in die sie sich schon vor Jahren verliebt hat. Nicht ohne Stolz präsentiert sie das, was nach einjähriger Bauphase Schritt für Schritt aus dem ehemaligen Silence-Hotel Gethmann geworden ist: Vor allem sauber und gepflegt sind die einzelnen Erotikbereiche - Kaminzimmer, Indianerreservat, römische Oase, Weltraum-Zimmer, Orientecke, Kinosaal mit knallroten Sesseln, Pool und Sauna. Hier können sich - ausschließlich - Paare alleine oder mit gleichgesinnten Paaren amüsieren. Das ist der Chefin besonders wichtig: Auf Hygiene wird strengstens geachtet. Kondome kaufen die Freibergs regelmäßig im 1000er-Pack. Auch bei Küchenpapier-Rollen geht der Bedarf über handelsübliche Mengen hinaus. Mit Liebe zum Detail gestaltet sind die 18 Doppelzimmer, die den Gästen fernab des Erotikbereichs zur Verfügung stehen. Viele Paare kommen im Urlaub wieder

Das Angebot inmitten eines 110 000 Quadratmeter großen Grundstücks mit herrlichen Wiesen und Wäldern kommt trotz des scharf geführten Konkurrenzkampfes mit anderen Clubs dieser Art sehr gut an: Neben Hunsrückern begrüßt Ute Freiberg vor allem Gäste - zwischen 20 und 60 Jahre alt - aus ganz Europa (die Nähe zum Flughafen Hahn macht's möglich) und sogar aus Kanada. Viele sind mittlerweile Stammkunden, schätzen die Atmosphäre, die gute Küche und die Fürsorge der Familie Freiberg. Das ist aus vielen Einträgen im Gästebuch und der regen Kommunikation im Chat auf der Internetseite des Hotels - das acht Angestellte, zwei Auszubildende hat und seit Oktober 2007 als Trikotsponsor der Spvgg Hochwald auftritt - herauszulesen. "Manche Paare besuchen unser Hotel und kommen dann einige Zeit später wieder in den Hunsrück zum Ferienmachen: mit ihren Kindern. Vielen gefällt es hier einfach gut. Wir bieten dann auch mal Touren in die Umgebung an - zum Edelsteinmuseum oder zur Wildenburg. Abends Party, tagsüber Touren - solche Angebote sind beliebt. Wir sind Teil der Region, fühlen uns hier heimisch und bringen das Schöne unserer Gegend auch den Gästen näher", berichtet Ute Freiberg, die schon vor Jahren mit Ehemann Kurt den Hunsrück bereiste, dann ein Ferienhäuschen in Hoxel kaufte und entschied, ihren florierenden KFZ-Handel in Düsseldorf aufzugeben: "Unsere Jungs signalisierten, dass sie den Betrieb nicht übernehmen wollen. Dann haben wir das Hotel hier entdeckt und beschlossen, daraus ein Pärchen-Hotel zu machen." Da galt es erst einmal, sich bei den Söhnen als Swinger zu outen: "Was kein Problem war..." Auch Sohn Holger und seine Partnerin sind gelegentlich in Swingerclubs zu Gast. Gemeinsame Club-Touren des Ehepaares Freiberg mit Sohn und dessen Frau oder das Aktivwerden im eigenen Hotel gibt es nicht - da hat jeder seine Intimsphäre. So manches gefiel Ute und Kurt bei ihren Besuchen in anderen Clubs nicht, im eigenen soll es nun besser laufen und die eigene Erfahrung einfließen: "Bei uns geht es nicht um Pornografie oder reinen Sex, sondern um Erotik, um das Verwirklichen von Fantasien, die man daheim so nicht ausleben kann." Das belebe die Beziehung, das verhindere das Fremdgehen, ist Ute Freiberg überzeugt: "Mein Mann und ich sind seit 33 Jahren ein Paar - und sehr glücklich!" Fragwürdig findet sie die nächtliche Betriebsamkeit der Paare nicht im Geringsten: "Ich weiß: Für viele ist das immer noch ein Tabu. Ich kann das nicht nachvollziehen." Die Pläne, im Hotel zumindest an Sonntagen Kaffee und Kuchen für Wanderer und Ausflügler - fernab der erotisch interessierten Kundschaft - anzubieten, scheiterten nach der Versuchsphase: Die Gäste blieben aus. Keineswegs Angsteinflößend, aber dennoch ein bisschen ungewöhnlich ist und bleibt das Ambiente eben doch.

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