Freunde und Helfer sind auch Menschen

MORBACH. Polizisten müssen in ihrem Berufsalltag immer eine schnelle Lösung parat haben. An sie wenden sich Bürger, wenn sie selbst nicht mehr weiter wissen. Doch was, wenn Polizisten selbst Probleme haben?

 Ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte von Kollegen hat Polizeikommissar Herbert Schuh, einer von zehn sozialen Ansprechpartnern beim Polizeipräsidium Trier. Die Szene ist gestellt. Üblicherweise finden die Gespräche nicht in der Dienststelle statt.Foto: Ilse Rosenschild

Ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte von Kollegen hat Polizeikommissar Herbert Schuh, einer von zehn sozialen Ansprechpartnern beim Polizeipräsidium Trier. Die Szene ist gestellt. Üblicherweise finden die Gespräche nicht in der Dienststelle statt.Foto: Ilse Rosenschild

Schwere Unfälle, Rettungseinsätze, Überfälle mit Schusswaffengebrauch - was Polizisten in ihren Einsätzen neben der täglichen Routine erleben, bleibt ihnen "nicht in den Kleidern stecken". Wer nach solchen Einsätzen Probleme hat, muss mit diesen nicht allein bleiben. Er kann sich an Sozialarbeiter Peter Behles und zehn "soziale Ansprechpartner" im Bereich des Polizeipräsidiums Trier wenden. Herbert Schuh, Polizeikommissar bei der Inspektion Morbach, ist einer von ihnen. Dass auch harte Männer, wie sich Polizeibeamte gern auch selbst sehen, schwach werden können - sich dies selbst einzugestehen, fällt manchem Kollegen schwer, weiß Schuh. Kleines Detail kann Beamten umhauen

Besonders schlimm seien für viele Kollegen Unfälle mit Kindern, weiß Schuh aus Erfahrung. Insbesondere, wenn sie selbst Kinder in dem Alter haben. Automatisch auf den Plan gerufen werden Behles und seine Kollegen nach "hochdramatischen Einsätzen" mit mehreren Toten oder Einsätzen, bei denen die Beamten ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben. In solchen Fällen wird das Kriseninterventionsteam (KIT) eingeschaltet, dass aus Behles und mehreren Polizeiseelsorgern besteht. Manchmal ist es ein kleines Detail, das einen Beamten "umhaut". "Zum Beispiel, wenn ein Kinderfahrrad im Spiel ist, das dieselbe Marke hat wie das des eigenen Nachwuchses." Ein Problem, das nicht selten auftaucht, hat einen wissenschaftlichen Namen: "Posttraumatische Belastungsstörung". Jahre nach einem Schlüsselereignis kann ein Reiz - wie beispielsweise ein Brandgeruch - einen Ordnungshüter aus der Bahn werfen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Kollege vor Jahren einen Unfall erlebt hat, bei dem jemand verbrannt ist. Er hat möglicherweise nie mit jemandem darüber gesprochen und das Erlebnis einfach verdrängt. Das könne bis zu einer Erkrankung führen. Die Sozialen Ansprechpartner - zwei Frauen und acht Männer - gibt es im Bereich des Polizeipräsidiums Trier seit Mitte der 90er Jahre. Am Anfang sei viel Überzeugungsarbeit nötig gewesen. Zu Beginn wurden die Kollegen skeptisch beäugt, sie galten als "Suchtpolizei". Denn als die ersten sozialen Ansprechpartnern in Berlin und Nordrhein-Westfalen vor Jahren in ihr Amt eingeführt wurden, geschah dies im Zusammenhang mit einer Ausbildung als Suchtkrankenhelfer. Keinem sei damit gedient, Drogen- oder Alkoholprobleme unter den Teppich zu kehren, sind Schuh und Behles überzeugt. Schließlich gehe es nicht darum, die Kollegen aus dem Verkehr zu ziehen, sondern nach einer Entziehungskur wieder fit zu machen. Gerade in diesem Zusammenhang weisen Herbert Schuh und er darauf hin, dass sie Ansprechpartner für Polizeibedienstete und ihre Angehörigen sind. "Familienangehörige, die extrem betroffen sind, wissen häufig nicht, an wen sie sich wenden können." Häufig würden die Kollegen zu Hause nicht erzählen, dass es sie gibt. Der Sozialarbeiter begleitet auch Menschen, die sich in einer Trennungsphase befinden. Die sozialen Ansprechpartner werden auch von sich aus tätig. Wenn sie Hinweise von Vorgesetzten oder Kollegen bekommen, suchen sie selbst das Gespräch. Großen Wert legen Behles und Schuh darauf, dass die Inhalte von Gespräche vertraulich behandelt werden. "Wir haben Schweigepflicht." Behles selbst untersteht direkt dem Polizeipräsidenten Manfred Bitter, wird von ihm allerdings nur über den ungefähren Umfang seiner Arbeit informiert. Bitter steht hinter den Ansprechpartnern: "Ansonsten würde die Arbeit wenig Sinn machen."

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