Fusion war von oben diktiert

Die Stadt Idar-Oberstein begeht heute ihren 75. Geburtstag. Doch die Zwangszusammenlegung, die 1933 weitere Gemeinden im heutigen Kreis Birkenfeld teils wie aus heiterem Himmel traf, war alles andere als ein Freudentag.

 Schon vor der Fusion arbeiteten die Städte Oberstein und Idar bei der Energieversorgung zusammen. Das „Eltwerk“ war wie das Gaswerk im Idarbachtal angesiedelt. Foto: Stadtarchiv Idar-Oberstein

Schon vor der Fusion arbeiteten die Städte Oberstein und Idar bei der Energieversorgung zusammen. Das „Eltwerk“ war wie das Gaswerk im Idarbachtal angesiedelt. Foto: Stadtarchiv Idar-Oberstein

Idar-Oberstein. Vor genau 75 Jahren wurde die Stadt Idar-Oberstein aus der Taufe gehoben - die beiden Nachbarstädte waren so eng aneinander gewachsen, dass ein Zusammentun Sinn ergab. Dennoch kam der Schritt überraschend und schneller als erwartet. Die Bürgermeister wurden abberufen, neue nicht gewählt, sondern eingesetzt. Dagegen aufzubegehren, wagte damals niemand. "Aufgrund des vorläufigen Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" beschloss das oldenburgische Staatsministerium am 22. September 1933 für den Landesteil Birkenfeld ein Gesetz mit dem Ziel, die öffentliche Verwaltung zu vereinfachen und zu verbilligen.

Begonnen hatte alles eigentlich schon im Jahre 1865, als das Ministerium die drei Orte Oberstein, Birkenfeld und Idar zu Stadtgemeinden erhob. Oberstein und Idar erhielten 1902 und 1909 gar den Status einer eigenen Stadtbürgermeisterei - sie unterlagen damit nicht mehr der staatlichen Aufsicht und konnten ihre kommunalen Belange in eigener Regie regeln.

"Die übrig gebliebene Staatsbürgermeisterei erhielt nach der Ausgliederung der Stadt Idar die Bezeichnung Idar-Land und bestand aus den Gemeinden Algenrodt, Enzweiler, Gerach, Göttschied, Herborn, Hettenrodt, Hettstein, Kirschweiler, Mackenrodt, Regulshausen, Veitsrodt und Vollmersbach", schreibt Stadtarchivar Manfred Rauscher in seinem aufwendig recherchierten Begleitheft zur Ausstellung "75 Jahre Idar-Oberstein", die am morgigen Donnerstag um 19 Uhr im Foyer der Stadtverwaltung eröffnet wird.

Die Vereinigung kam damals für alle Beteiligten - auch das Dorf Algenrodt wurde zwangseingemeindet - völlig überraschend - vor allem das Tempo war nicht zu erwarten gewesen. Schon eine Woche nach der Verkündung des Gesetzes trat es in Kraft. Neben Idar-Oberstein gab es weitere Neugründungen: Hoppstädten und Weiersbach, Elchweiler und Schmißberg, Wilzenberg und Hußweiler sowie Rötsweiler und Nockenthal wurden zu Doppelgemeinden vereinigt. Indes fusionierten Herrstein und Oberwörresbach unter dem Namen Herrstein. Zusammengelegt wurden auch Heupweiler, Böschweiler und Burbach - die neue Gemeinde erhielt den Namen Niederhambach; aus dem bisherigen Hambach wurde Oberhambach.

Der Stadt Birkenfeld wurden die aufgelösten Orte Burg Birkenfeld und Feckweiler einverleibt. Gleichzeitig integrierte das Staatsministerium die aufgehobenen Bürgermeistereien Niederbrombach und Birkenfeld (Stadt) in die Bürgermeisterei Birkenfeld (zuvor Birkenfeld-Land) und gliederte die Bürgermeisterei Idar-Land in die Bürgermeisterei Herrstein ein - mit Ausnahme der Gemeinde Enzweiler, die ebenso wie Ellweiler (bislang Bürgermeisterei Nohfelden) zu Birkenfeld kam.

Im März 1934 mussten auch Gollenberg und Ellenberg, Sonnenberg und Winnenberg sowie Asweiler und Eitzweiler (heute Gemeinde Freisen) fusionieren, und Traunen wurde Ortsteil von Brücken. Die meisten Zwangsehen haben bis heute Bestand. Hingegen wurden Hoppstädten-Weiersbach 1949, Gollenberg-Ellenberg und Herrstein von Oberwörresbach 1952 und Elchweiler-Schmißberg 1962 geschieden. Seit 1969, als neun weitere Orte in die Stadt Idar-Oberstein integriert wurden, sind Hoppstädten und Weiersbach wieder eine Gemeinde.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oktober 1933 endete die Dienstzeit der Schöffen (ab 1935 Bürgermeister) und Beisitzer (Ratsmitglieder). Ihre Nachfolger berief die Staatsaufsichtsbehörde "entsprechend dem Volkswillen nach Überwindung des Parteienstaates", wie es die Verordnung zur Sicherung der Staatsführung vom 7. Juli 1933 regelte, nach der schon alle SPD-Vertreter ihre Mandate verloren.

Heute feiert die Stadt Idar-Oberstein ab 19 Uhr ihr 75-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Stadttheater.

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