Geheimtipp für Romantiker

WEDERATH. "Mühlen sind das Sinnbild des kulturhistorischen Reichtums des Landes", sagte Ministerpräsident Kurt Beck anlässlich des Deutschen Mühlentags 2001. Zu diesem Kapital zählt auch die "Alte Mühle" im Ortskern von Wederath. Rentner Heinrich Stein lässt sie ehrenamtlich für interessierte Gruppen gerne wieder einmal klappern.

Besucher durch die historische Mühle zu führen, ist für den ehemaligen Ortsvorsteher Heinrich Stein, der Ende Oktober 80 Jahre alt wird, immer noch eine Herzenssache. Durch seine jahrelange Beschäftigung mit ihr kennt er ihre bewegte Geschichte ganz genau: Ab 1897, so hat er von Heimatforscher Berthold Staudt erfahren, wurde in diesem Gebäude eine Molkerei mit einer Dampfturbine für 76 Genossen aus Wederath und Hinzerath eingerichtet. Aus Unwirtschaftlichkeit kam die Milchvermarktung 1908 zum Erliegen, und das Gebäude blieb ungenutzt stehen. Vor dem Abriss gerettet

"Dies änderte sich erst wieder 1947, zwei Jahre nach meiner glücklichen Heimkehr aus dem Krieg", erinnert sich Stein. Damals setzten sich Bürgermeister Josef Stürmer, Josef Reinhard und Reinhold Schabbach dafür ein, in das damals leer stehende Molkereigebäude das Mahlwerk der oberen Genossenschaftsmühle im Trabener Bachtal einzubauen. Ursache für die Umsiedlung dieser Getreidemühle war häufiger Wassermangel in den Sommermonaten. Deshalb wurde beim Einbau des Mahlwerks im Dorf der Antrieb durch einen Elektromotor ersetzt. Durch den permanenten Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe in den 50er Jahren kamen die Mühlsteine zum Stillstand. Als Heinrich Stein 1979 Ortsvorsteher wurde, wurde im Gemeinderat darüber diskutiert, was mit der alten Mühle passieren soll. "Als daraufhin von der Gemeindeverwaltung in Morbach der Vorschlag kam, sie abzureißen, wehrte ich mich vehement dagegen. Ich war der Meinung, dass neben der altehrwürdigen Kirche und der mächtigen Linde auch diese historische Mühle ortsbildprägend und erhaltungswürdig ist", sagt Stein. Daraufhin setzte er sich mit viel Idealismus für die Sanierung des Gebäudes und des nicht mehr intakten Mahlwerks ein. Der Lohn für seinen und den Einsatz der Handwerker und fleißigen Helfer: 1985 wurde die Mühle unter Denkmalschutz gestellt. Heute klärt der rüstige Rentner hauptsächlich vorbeikommende Mühlenwanderer über die ehemalige Bauernmühle auf. Dass seine originellen Führungen großen Anklang finden, beweisen zahlreiche Eintragungen im Gästebuch: "Nach der Wanderung mit Ach und Krach erreichen wir die Mühle ohne Bach, 31. Juli 1997". Eine Gruppe aus Freiburg schreibt am 1. Oktober 1997: "Herzlichen Dank für die sehr anschauliche Führung." "Auf unserer Mühlenwanderung war die Führung durch die Mühle ein besonderes Erlebnis", vier Wanderfreunde aus Herten Westfalen am 5. Mai 1998. "Vielen Dank für die lehrreichen Auskünfte über das vergangene Leben auf dem Lande. Schön, dass es jemanden gibt, der sich bemüht, so etwas zu erhalten und Besucher davon zu erzählen" (4. Juni 1998). "Es knirscht die Mühle durch Kilowatt; Herr Stein, der erklärt uns dat. Tausend Dank für die schöne Führung" (2. September 1999). "Dem Idealisten Heinrich Stein herzlichen Dank. Er hat uns nicht nur das System des Mahlens, sondern auch einige bedeutende Informationen zur Kultur der Region näher gebracht" (17. September 2000).

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