Gericht: Kommune muss nicht einschreiten

Die Verbandsgemeinde Thalfang muss nicht tätig werden, damit mit Teeröl imprägnierte Bahnschwellen von einem Grundstück entfernt werden. Zu diesem Schluss kommt die fünfte Kammer des Verwaltungsgerichts Trier.

Thalfang/Neunkirchen. Im "Bahnschwellen-Prozess" hat das Verwaltungsgericht Trier eine Entscheidung getroffen: Das Gericht wies die Klage der Ortsgemeinde Neunkirchen ab. Diese wollte erreichen, dass die Verbandsgemeinde Thalfang tätig wird, um mit Teeröl imprägnierte Bahnschwellen von einem Neunkirchener Grundstück zu entfernen (Az 5K 326/07 TR). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.Zur Vorgeschichte: Ehepaar Beate und Uwe Just kaufen 2001 alte Bahnschwellen als Zaunpfähle für eine Pferdekoppel in Neunkirchen. Was das Ehepaar nach eigenen Angaben damals nicht weiß: Die Holzpflöcke sind mit Teeröl imprägniert. Die Substanz gilt als giftig.

Vier Jahre später wird das Projekt realisiert. 28 Bahnschwellen werden im Boden verankert. Vier davon sind nur wenige Meter vom Neunkirchener Mühlenbach entfernt. Weitere zehn wurden zuvor bereits als Hangbefestigung eingesetzt. Wenig später verlangt die Ortsgemeinde Neunkirchen, die Holzpflöcke zu entfernen und umweltgerecht zu entsorgen. Die für Abfallfragen zuständige Kreisverwaltung wird eingeschaltet, die den Fall von der Fachbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, prüfen lässt. Nach einem Ortstermin im August 2006 entscheidet diese, dass ein Verstoß gegen die Chemikalien-Verbotsverordnung vorliegt. Die Bahnschwellen sollen raus.

Klage gegen den Kreis wird zurückgezogen

Zwei Monate später ändert man bei der Behörde die Meinung: In einem Schreiben führt die SGD einen Ermessensspielraum der Kreisverwaltung ins Feld. Auch die abfall- und bodenschutzrechtlichen Belange müssten berücksichtigt werden. Nach einer Analyse der Schwellen könne eine "Gefährdung weitestgehend ausgeschlossen" werden. Die Konsequenz: Nur die vier Pfähle in Wassernähe müssten entfernt werden. "Wir haben gemacht, was die zuständigen Behörden uns auferlegt haben", kann Uwe Just die Aufregung nicht verstehen.

Bei der Ortsgemeinde ist man damit nicht zufrieden. Es kommt zur Klage gegen die Kreisverwaltung. Vor Gericht soll die Frage geklärt werden, ob es in der Sache überhaupt einen Ermessensspielraum geben kann. Überraschend zieht der Neunkirchener Ortsbürgermeister Richard Pestemer die Klage wegen "Befangenheit des Gerichts" noch in der Verhandlung zurück.

Zwischenzeitlich klagt die Ortsgemeinde gegen die Verbandsgemeinde. Hat man im Thalfanger Rathaus tatenlos zugesehen, dass der Kreis nicht für den Ausbau und die Entsorgung aller Bahnschwellen gesorgt hat? Und musste die Verwaltung aktiv werden?

Das Gericht sieht dies nicht so. Einer solchen Klage muss nach Ansicht der Richter ein Vorverfahren vorausgehen. Die Zurückhaltung der Verbandsgemeinde sei nachvollziehbar, weil in der Sache nicht sie, sondern die Kreisverwaltung zuständig gewesen sei. Zudem sei die Ortsgemeinde nicht klagebefugt, heißt es im Gerichtsbescheid weiter. Das sei nur möglich, wenn die Kommune in ihren eigenen Rechten verletzt sei. Ortsbürgermeister Pestemer will Rechtsmittel einlegen und fordert eine mündliche Verhandlung.

Meinung

Schädlich für Rechtsstaat und Steuerzahler
Von Lars Ross

In einem Rechtsstaat ist die Möglichkeit, gegen empfundenes Unrecht zu Klagen, ein verbrieftes Recht. Dem steht gegenüber, dass sich die Klageberechtigten der Entscheidung von Gerichten unterwerfen, selbst dann, wenn ihnen das Urteil nach Ausschöpfung ihrer Möglichkeiten zum Widerspruch nicht gefällt. Soweit die Theorie. In der Praxis entsteht dar aus eine inzwischen kaum noch überschaubare Flut an Prozessen, deren Sinnhaftigkeit sich dem Außenstehenden in vielen Fällen nicht offenbart. Das ist der Preis des Rechtsstaats und durchaus tolerierbar, solange Privatleute vor Gericht streiten und das aus eigener Tasche oder mit Hilfe ihrer Rechtschutzversicherung bezahlen. Etwas anders liegt der Fall, wenn Kommunen vor Gericht ziehen. Sie sollten - da sie Steuermittel ausgeben - sehr genau prüfen wie sinnvoll, stichhaltig und gerechtfertigt ihre Klage ist. Im Fall der Neunkirchener Bahnschwellen erschließt sich dies kaum. Selbst wenn die Kommune, was bezweifelt werden darf, durch die auf dem Just'schen Grundstück noch verbliebenen Schwellen relevant in seinen Interessen berührt wäre, würde dadurch die Klage gegen die Verbandsgemeinde nicht sinnvoller. Denn diese ist eindeutig nicht zuständig. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass das Gericht - ohne wesentliche Aussichten auf Erfolg - zur Erzeugung von Öffentlichkeit herhalten soll. Dafür ist es jedoch der falsche Ort. Solche Klagen schaden letztlich dem Rechtsstaat und dem Steuerzahler, der dafür aufkommen muss. l.ross@volksfreund.de

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