Gesehen, gescherzt und doch gekauft

GRÄFENDHRON. (urs) Unsichtbare Bande gibt es nicht nur zwischen Menschen. Eine Duisburgerin macht diese Erfahrung derzeit in Gräfendhron, wo sie als Leiterin des Landhauses eine alte Mühle erworben hat.

Wie ein Traumhaus sieht sie eigentlich nicht aus, die Mühle von Barbara Krimm. Dennoch hat das Anwesen, das bis vor zwei Jahren im Dornröschenschlaf versunken war, die Duisburgerin in ihren Bann gezogen. "Ich hab noch nirgendwo so sicher und so gelassen gelebt", spricht die im Odenwald geborene und in Mainz aufgewachsene Leiterin des Landhauses Gräfendhron von der Erfüllung eines Lebenstraumes. "Und hinter dem Haus höre ich die Dhron - was gibt es Schöneres?" Zum ersten Mal kam Barbara Krimm nach Gräfendhron, als sie die Eltern ihres Lebensgefährten Lutz Güldenberg besuchte. Bei einem Spaziergang entdeckte sie dann die ehemalige Öl- und Kornmühle. "Irgendwann sind wir hier langgegangen und ich habe gesagt, lass' uns da mal rein gucken", erzählt Krimm. Bei einem Blick durchs Fenster habe sie dann zwar gesagt "ich will's". Aber, so die 46-Jährige lachend: "Das war ein Scherz!" Doch wie auch immer: Innerhalb eines Monats gehörte die Mühle ihr. Seither hat sich das Erscheinungsbild des bis dahin zeitweise unbewohnten Anwesens enorm gewandelt. Allerdings so harmonisch, dass es scheint, als sei nun endlich wieder alles an seinem angestammten Platz. Die Hausherrin, die Pädagogik studiert und in Philosophie promoviert hat, wundert das nicht. Ihr ist längst klar, dass sie während der zweijährigen Sanierung nicht allein entschieden hat. "Dieses Haus spricht mit mir - es sagt schon, was es will", erklärt sie schmunzelnd. So war es nie eine Frage, welche Wände weichen musstenen, wohin die Küche sollte oder das Bad. Und das trotz des "katastrophalen" Zustandes, in dem sich die Mühle befunden hatte. Einer der beiden Vorbesitzer hatte so gut wie nichts renoviert, der andere die Räume in "Hasenkästen", drei Ferienwohnungen, umfunktioniert. "Überall waren Mauern", erinnert sich Krimm an düstere Zimmer, die zudem der Wildwuchs auf dem Gelände verdunkelte. Von überflüssigen Wänden befreit, sind die Räume nun hell, und draußen ist es ohne Gestrüpp nicht mehr morastig. Auftrieb gaben kleine Entdeckungen, wie der von "hässlicher brauner Farbe" verborgene Kirschholzboden. Oder die mit Spanplatten vernagelte runde Außenmauer, die sich dem Verlauf der Dhron anzupassen scheint. Hilfreich bei der Wiederbelebung der Mühle war, dass Krimm als Doktor der Philosophie auch handwerklich begabt ist. Bei allem packte sie an, verlegte Fliesen und Fußboden und verputzte Decken und Wände. Ihre Vielseitigkeit ist für sie selbstverständlich und wohl deshalb mit dem Kommentar "mein Vater ist Schreiner" erschöpfend erklärt. Fachleute rückten nur für Strom, Wasser und Kachelofen an. Plus ein örtlicher "Holzwurm", der Krimm bei allen Arbeiten hilfreich zur Seite stand. Trotz allen Geschicks ist die spätere Sanierung des weitgehend erhaltenen Mühlenraums fraglich. Denn, wenn das Paar erst einmal eingezogen ist, könnte der Tatendrang rasch zu Ende sein, wie bisherige Pausen am offenen Fenster befürchten lassen: "Dann wissen wird nicht mehr, ob wir arbeiten oder nur raus schauen wollen."

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