Halb Beruf und viel Berufung

Waltraut geht, und Waldtraud kommt. Küsterin Waltraut Koch hat das Amt an Waldtraud Kirst abgegeben. Diese hat zukünftig zahlreiche Aufgaben: Rasen mähen, das Taufbecken füllen, dem Pfarrer assistieren. Und vor Amtsantritt musste sie eine Prüfung ablegen.

Thalfang. (jolo) Als im Herbst 1992 die letzte Küsterin aus der Familie Höfner — ,,Schreinichs Erna" — mit 78 Jahren verab-schiedet wurde, wählte das Pres-byterium der Evangelischen Kirchengemeinde Thalfang Waltraut Koch zur neuen Kirchendienerin. Jetzt wurde sie von Waltraud Kirst abgelöst. ,,Wenn es nur die Aufgaben in der Kirche wären, hätte ich noch einige Jährchen drangehängt", sagt die 65-jährige Waltraut Koch. Doch die Hausarbeiten im Gemeindehaus, das Mähen und der Heckenschnitt, bei denen sie ihr Mann unterstützte, zehrten an den Kräften. Küsterin ist ein anerkannter Beruf mit Zwischen- und Abschlussprüfung. In der Wester-waldgemeinde Windeck wurde die Thalfangerin in mehrtägigen Seminaren auf den Job vorbereitet. Nicht nur kirchliche The- men wurden dort behandelt, auch Feuerwehrleute, Rotkreuzler und Gärtner gaben ihr Wissen weiter. Die Küsterin arbeitet dem Pfarrer zu. Sie muss eine Stunde vor dem Gottesdienst anwesend sein, vor und während des Vaterunsers läuten, Kerzen anzünden, sicherstellen, dass die Blumen den Kopf nicht hängen lassen. Außerdem ist es ihre Aufgabe, dass die Paramente — kirchliche Textilien wie Kelch- oder Altartücher — richtig liegen oder die eingegebenen Nummern der gesungenen Lieder stimmen. Kleine Tricks bei derTaufe

Wenn Taufen, Hochzeiten oder Konfirmationen anstehen, bespricht sie sich mit Pfarrer Winfrid Krause. Einmal im Jahr — vor der Konfirmation — müssen die im Glockenturm deponierten Stühle ins Kirchenschiff gebracht werden. Aufgaben über Aufgaben, die solch einen Beruf zur Berufung machen. Und das auch, weil das Wohl der Menschen entscheidend ist. So verrät die Mittsechzigerin, dass die meisten Kinder beim wasserspendenden Taufvorgang deshalb nicht weinten, weil sie das Nass wohlig wie in der Wanne temperierte. Ein Ereignis von vielen schönen berührte und beeindruckte sie besonders. Das war die Einweihung der beiden neuen Glocken beim Erntedankfest im Jahr 2000. Schon vor Amtsantritt hat Waltraud Kirst ihre Vorgängerin bei Bedarf vertreten. Zuerst zierte sich Kirst, das Amt anzunehmen, doch als der Pfarrer und das Presbyterium ihr mit freien Tagen entgegenkamen, willigte sie ein. Sie will nicht viel verändern, nur einen Kräutergarten und ein Blumenbeet anlegen. Während ihre Vorgängerin Lektorendienst machte, will sich Kirst nicht verzetteln, sondern nach und nach in ihr neues Amt wachsen. Dort wird sie vor und während der Gottesdienste ihre zugeteilten Aufgaben wahrnehmen. Ob Waltraut Koch, die Küsterin im Unruhestand, den Informationskasten vor dem Eingangsportal der Kirche weiterhin betreuen wird, wird sich noch entscheiden. Das vertrauenvolle Amt der Küsterin hat sie jedenfalls einer würdigen Nachfolgerin übergeben.

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