Heidenburg macht mobil

Wem stehen beim Thema demografischer Wandel nicht spontan Sorgenfalten auf der Stirn? Wer denkt nicht sofort an trockene Statistiken? Dass das Auseinandersetzen mit der Problematik auch Spaß machen kann, das bewies der Arbeitskreis Demografie Heidenburg am vergangenen Samstag.

Heidenburg. Keinerlei Anlass zur Besorgnis gab es beim ersten öffentlichen Auftritt des Heidenburger Arbeitskreises Demografie. Die Mitglieder haben mit einem Pflegedienst vor Ort, einer Begegnungsstätte für Jung und Alt und einem Bürgermobil bereits drei konkrete Projekte ins Auge gefasst, um möglichen negativen Entwicklungen zuvorzukommen (der TV berichtete). Die Präsentation des Zahlenmaterials blieb auf das Notwendigste beschränkt. Dafür wurde genügend Raum für Gespräche an drei Info-Ständen geboten. Dazu gab es Bier und Saxofon-Klänge. Der Soziologe Jan Maurer vom Trierer Taurus-Institut machte in einem kurzen Vortrag zunächst auf eine Besonderheit Heidenburgs aufmerksam: Die Bevölkerungszahl in dem 750-Einwohner-Ort geht derzeit nicht zurück, sondern sie stieg in den letzten drei Jahren sogar noch an. Dennoch verschont der demografische Wandel auch den Ort zwischen Hunsrück und Mosel nicht. Ein Beispiel: 1975 lag der Anteil der jungen Menschen unter 20 Jahren noch bei 33,4 Prozent. Bis 2006 ging er auf 23,1 Prozent zurück. Die Zahl der Senioren (60 und älter) stieg dagegen um 5,2 Prozent. Dieser Trend wird sich laut Maurer fortsetzen. Diese Entwicklung verschärft auch in Heidenburg diverse Probleme: Wie kommen zum Beispiel ältere Menschen ohne Auto zum Supermarkt nach Thalfang oder zum Arzt nach Leiwen? Ein Bürgermobil soll Abhilfe schaffen. Die Vorstellungen des Arbeitskreises sind schon sehr konkret. Es soll ein Sieben- oder Neun-Sitzer angeschafft werden, der bedarfsgerecht außerhalb der ÖPNV-Zeiten eingesetzt werden kann.Die Heidenburgerin Christa Paulus, Anfang 60, hält den Pflegedienst und die Krankenschwester vor Ort für das wichtigste Projekt. Diese Dienste hätte sie gern schon selbst in Anspruch genommen. Sie hat zehn Jahre lang den demenzkranken Vater gepflegt. Auch die 31-jährige Edith Becker war angetan von den Vorschlägen. Ihr Favorit ist die Begegnungsstätte: "Es ist sehr gut, wenn sich die Älteren auch außerhalb von Veranstaltungen mitten im Dorf treffen können." Der neue Pfarrer Alexander Kurp signalisierte bereits seine Unterstützung. Mit dem Zuspruch aus der Bevölkerung waren die Veranstalter mehr als zufrieden: Rund 180 Menschen waren der Einladung gefolgt, das ist immerhin jeder vierte Dorfbewohner. Die regen Diskussionen freuten die Arbeitskreis-Mitglieder. "Die meisten wollten wissen, wie wir das Bürgermobil umsetzen wollen", sagte August Kaufmann für seinen Info-Stand. Nicht nur die Heidenburger waren mit von der Partie. Auswärtige wie Willi Gorges aus Gonzerath nutzten die Gelegenheit, sich zu informieren. Und auch bei möglichen Partnern kam die Botschaft aus Heidenburg bereits an: Gleich zwei Pflegedienste gaben an den Ständen ihre Visitenkarte ab. Meinung Heidenburgs eigener Weg Die Heidenburghalle bot am Samstagabend ein erfreuliches Bild. Viele Menschen waren der Einladung gefolgt. Manche Großmutter hatte auf dem Weg zur Info-Veranstaltung das Enkelkind an der Hand. Und nur wenige verließen nach dem offiziellen Teil den Saal. Die Heidenburger sind dafür bekannt, dass sie eigene Wege einschlagen. Und das war schon bei der Auftaktveranstaltung in Sachen demografischer Wandel ersichtlich. Das Rezept: Man nehme eine ordentliche Portion Tradition, mische reichlich Geselligkeit dazu, eine gute Dosis Spaß, und dann schmecken auch schwerer verdauliche Informations-Bestandteile. Eingeladen wurde an dem im Dorf traditionellen Albinustag, gleich anschließend an den Festgottesdienst. Statt langer Reden gab's viel Raum für Begegnung und Gespräche. Und beim Bier konnte man noch lange den Schlagern der 50er und 60er Jahre lauschen. Die Projekte, die sich die engagierten Bürger gemeinsam mit dem Gemeinderat vorgenommen haben, wären anderswo sicher Anlass für einige Skepsis. Nicht so in Heidenburg. Was dort präsentiert wurde, war nicht blauäugig in die Diskussion geworfen, sondern gut durchdacht. Man merkt, dass bereits Experten zurate gezogen wurden. Die Beteiligten wissen, dass sie sich ehrgeizige Ziele gesetzt haben. Aber wer die Heidenburger kennt, darf davon ausgehen, dass der Startschuss für eines der Projekte nicht lange auf sich warten lässt. i.rosenschild@volksfreund.de

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