Hobby mit großem "Suchtpotenzial"

THALFANG. Wer zuerst kommt, malt zuerst. Dieses alte Sprichwort gilt besonders, wenn der Modellsportclub Erbeskopf in Thalfang seine Modellbaubörse eröffnet. Als in der Festhalle bei der 15. Auflage der Börse die Türen aufgeschlossen wurden, stand schon eine große Menschentraube davor. Alle wollten sich das Angebot ansehen und natürlich Schnäppchen machen.

Sowohl Anbieter als auch Kunden kommen von weit her, denn in Thalfang ist für die Freaks einen Tag lang das Mekka des Flugmodellsports. Die Stände der rund 30 Händler waren schnell umringt. Es wurde gesucht, getauscht, gekauft und vor allem gefachsimpelt. Die Börse drehte sich diesmal nur um Flugmodelle. Anbieter von ferngesteuerten Autos und Schiffen waren nicht da. Auf rund 100 laufenden Metern Ausstellungstischen wurden 200 verschiedene Modelle angeboten, vom Doppeldecker über Segler und Hubschrauber bis zum Düsenbomber. Massenhaft drängten die vom "Flugvirus" Infizierten in die Halle. Was macht diese "Besessenheit" aus? Selbstbewusst antworten der Vorsitzende, Martin Ludwig, und sein Stellvertreter, Ludwin Bier: "Ein Modell zu fliegen ist schwerer als eine Verkehrsmaschine.""Wir würden auch einen Jumbo runter kriegen"

Man habe mit richtigen Piloten schon mal die Rollen getauscht, ihnen die Fernsteuerung in die Hand gedrückt und sei selbst in die Flugzeugkanzel gestiegen. Beide Seiten bestätigen: "Es ist das selbe Glücksgefühl." Und Jugendwart Dirk Kön fügt selbstbewusst hinzu: "Wir würden auch einen Jumbo wieder runter kriegen." Selbst ein Flugzeug nach eigenen Plänen in langen, dunklen Winternächten zu bauen, ist die eine Sache, die weichen Knie vor der Beantwortung der Frage, ob es auch fliegt, die andere. 100 bis 2000 Stunden Arbeit stecken in so einem Modell, und im Fall von Turbinenfliegern auch schon mal ein fünfstelliger Eurobetrag. "Trennen", sagen die Modellbauer, "kann man sich davon schwer". Meist sind es Platzprobleme in den eigenen vier Wänden, die dazu zwingen, und das Bedürfnis, wieder ein neues Modell zu bauen oder einmal ein anderes auszuprobieren. 20 Aktive hat der Club, darunter sechs Jugendliche. "Wenn die Frauen nicht mitspielen, geht nichts", weiß Vorsitzender Ludwig. Die Gattinnen und Lebensgefährtinnen sind immer zur Stelle, ob bei der Verpflegung, oder auch wenn's ums Anpacken geht. "Die erste Liebe gilt aber weiter den Flugmodellen", gestehen die Vorstände und machen klar: "Wer einmal geflogen ist, den lässt das nicht mehr los." Nach der 15. Modellbaubörse zog der Thalfanger Club Bilanz. Wie hat sich die Modellluftfahrt entwickelt? Ludwin Bier stellt fest: "Der Trend geht zum Fertigmodell, obwohl die eigentlich teurer sind als die selbst gebauten. Immer weniger Modellsportler wollen sich die viele Arbeit machen." Dabei gehe allerdings Fachwissen verloren - und die Tugend der Geduld. Nicht so im Thalfanger Club. Hier heißt es weiterhin schleifen, sägen, bohren, kleben und, wenn's mal eine Bruchlandung gibt, reparieren. Die Technik wird dabei immer ausgefeilter, vor allem in der Elektronik der Fernsteuerungen. Wichtig ist nach wie vor die Frequenzabstimmung, sonst funkt einer dem anderen das Modell vom Himmel. Jetzt waren die Ergebnisse langer Modellbau-Abende nur zu sehen. Im Mai geht's aber wieder in die Luft. Dann ist offizielles "Anfliegen". Sonntags ist ab 14 Uhr immer jemand auf dem Modellfluggelände in Deuselbach. Das ist ganz einfach zu finden, wenn man der entsprechenden Beschilderung folgt. Der Modellflugplatz unterliegt wie ein richtiger Airport allen sicherheitsrelevanten Auflagen. Im Frühjahr will der Club "Schnuppermitgliedschaften" anbieten. Dann ist man bei der Post gemeldet und auch versichert. Nach einem Jahr soll entschieden werden, bei wem der Schnuppermitglieder der "Virus" übergesprungen ist. Doch Vorsicht! Es ist ein Hobby mit Suchtpotenzial! Infos beim ersten Vorsitzenden, Telefon 06504/487.

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