Horather wollen nach Morbach

Kommunalreform: Mehrheit der Bevölkerung will nach Einwohnerbefragung in die Einheitsgemeinde wechseln Es war die Stunde der Wahrheit für die Horather am Mittwochabend: Eine Woche hatten die Bewohner des Orts in der Verbandsgemeinde Thalfang Zeit, sich dafür zu entscheiden, mit welcher Nachbarkommune ihr Bürgermeister Verhandlungen aufnehmen soll.

Im Rahmen der Kommunalreform soll die Verbandsgemeinde Thalfang verändert werden. Dabei können sich auch einzelne Orte an ein eine benachbarte Kommune anschließen. Zur Auswahl stehen die Einheitsgemeinde Morbach und die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues. Mit beiden Gemeinden hat Horath gemeinsame Grenzen. Über 60 Bürger kommen zur Sitzung des Gemeinderats in die Hochwaldhalle, um zu erfahren, in welche Richtung es gehen soll. Ortsbürgermeister Egon Adams lässt die Urne öffnen und die Stimmzettel von den Gemeinderatsmitgliedern auszählen. Um Missbrauch und Manipulation vorzubeugen, waren die Stimmzettel durchnummeriert. Man konnte eine von zwei möglichen Antworten auf die Frage nach einem Fusionspartner ankreuzen: Bernkastel-Kues oder Morbach. „Es wurden 302 Stimmzettel abgegeben. Das ist bei 351 stimmberechtigten Bürger ein Anteil von 86,04 Prozent. Das ist eine sehr gute Beteiligung. Das finde ich ganz toll“, sagt Adams. Nach einer halben Stunde sind die Stimmzettel auch ausgezählt: 294 gültige Stimmzettel wurden abgegeben, 170 (57,82 Prozent) Stimmen entfielen auf die Option Morbach, 124 (42,18 Prozent) auf Bernkastel-Kues. Es bleibt ruhig im Saal, die Anspannung baut sich so langsam ab. Adams bietet eine Einwohnerfragestunde an, es gibt aber keine Wortmeldungen, so dass er zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen kann. Denn nun muss der Ortsbeirat einen entsprechenden Beschluss für die Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit Morbach fassen. Dazu ist das Bürgervotum zwar nicht rechtlich bindend, aber der Rat folgt natürlich der Einschätzung der Bürger, die er vertritt. Bei einer Gegenstimme beschließt das Gremium einen möglichen Wechsel in die Einheitsgemeinde Morbach. Adams weist darauf hin, dass er mit diesem Beschluss in die Sitzung des Verbandsgemeinderats am Montag, 6. Februar, gehen kann. Das Votum werde anschließend auch bei einem Treffen im Hunsrückhaus am 8. Februar besprochen. Zu diesem Treffen habe Landrat Gregor Eibes eingeladen. Teilnehmen werden, so Adams, die Ortsbürgermeister, Landrat Günther Schartz (Trier-Saarburg), die Bürgermeister Andreas Hackethal (Morbach), Marc Hüllenkremer (Thalfang) und Michael Hülpes (Hermeskeil) und der Staatssekretär Günter Kern aus Mainz.Nach der Sitzung wird die Theke in der Halle eröffnet. Bei einem gemeinsamen Feierabendbier diskutieren die Horather über die Entscheidung. Der Horather Gregor Steffes kennt die Situation. Er war 20 Jahre im Gemeinderat und hat auch lange als Polizeibeamter in Morbach gearbeitet. Mit dem Ergebnis habe er gerechnet. Der Verlust der Selbstständigkeit – in einer Einheitsgemeinde gibt es nur noch Ortsbezirke - wiege schwer, sagt er. Wenn man die einmal abgegeben hat, komme sie nicht mehr wieder: „Ich hätte sogar mit einem stärkeren Votum für Morbach gerechnet. Die hohe Beteiligung von 80 Prozent zeigt, dass die Kommunalreform den Leuten nicht egal ist. Die Anbindung zum Hunsrück ist wichtiger als die Eigenständigkeit in einer Verbandsgemeinde. Wir haben ja auch mit Tourismus, Hochwasser und Weinbau, was in Bernkastel-Kues Thema ist, weniger zu tun.“Helmut Wirz sagt: „Es ist so ausgegangen, wie ich es eingeschätzt habe 60 zu 40 Prozent. Ich habe zwar für Bernkastel-Kues gestimmt. Aber das Ergebnis ist ja nicht schlecht. Ich habe nur Bedenken, dass es am Ende für Morbach teuer wird, sollte die ganze Mark Thalfang noch dazukommen.“Für Peter Schmitz war die Zusage der Morbacher wichtig, dass auch in Zukunft die Einnahmen des Dorfes aus der Windkraft im Dorf verbleiben sollen: „Es ging ja nicht nur um die Selbstständigkeit, sondern auch um die Region. Ich habe den Eindruck, dass den älteren Leuten die Selbstständigkeit – und damit ein Wechsel nach Bernkastel-Kues – wichtiger war. Die Jugend will eher nach Morbach.Und auch Stefan Rentmeister meldet sich zu Wort. Er hatte als Mitglied des Gemeinderats als einiger gegen den Beschluss gestimmt: „Die Bürgerbefragung ist ja für uns nicht bindend. Und ich bleibe bei meiner Meinung. Die Eigenständigkeit eines Dorfes ist gegen nichts einzutauschen. Wir haben Wald, Windkraft, Jagdgebiete. Das gehört dann alles zu „M“ (Morbach)-Horath“, wie unser Ort dann heißt. Ich Ein gutes ZeichenVon Hans-Peter Linz Darüber, wie die Auswirkungen der Kommunalreform bei den einzelnen Bürgern ankommen, ja, ob sich überhaupt etwas Gravierendes in ihrem Lebensumfeld ändert – darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein. Dem einen ist es vielleicht völlig egal, ob seine neue „Hauptstadt“ nun Bernkastel-Kues oder Morbach heißt. Dem anderen ist es wichtig, dass er sich mit seinem Zentralort identifizieren kann – vielleicht weil er sich eher als Hunsrücker denn als Moselaner fühlt.Faktisch wird sich die Kommunalreform wenig bemerkbar machen. Die meisten Kommunen – und das gilt auch für den Hunsrück – schaffen es angesichts knapper Kassen gerade noch, den Pflichtausgaben der Daseinsfürsorge für ihre Bürger nachzukommen, also die Infrastruktur vorzuhalten. Große finanzielle Sprünge, der Bau von Kunstrasenplätzen, neuer Sporthallen, Kitas oder Grundschulen, sind auch wegen der Überalterung der Gesellschaft, äußerst selten. Das zeigt vielleicht auch der eher knappe Vorsprung von Morbach gegenüber Bernkastel-Kues. Aber eine sehr deutliche Nachricht hat die Bürgerbefragung ans Licht gebracht: Die Menschen stehen dem Thema Kommunalreform keineswegs desinteressiert gegenüber. 86 Prozent Wahlbeteiligung ist sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene ein Traumwert. Bei der vergangenen Landtagswahl lag die Beteiligung in Rheinland-Pfalz lediglich bei 70 Prozent. Das zeigt, dass die Menschen in Horath sich sehr wohl Gedanken über ihre Heimat und ihr Dorf machen. Die Horather beweisen, dass Demokratie in Deutschland gelebt wird. Das ist ein gutes Zeichen.

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