Hunsrückbahn auf neuen Gleisen

Die Hunsrückbahn zählt zu den schönsten Bahnstrecken Deutschlands. Und sie ist in Westdeutschland die steilste ohne Zahnrad. Mit diesem Pfund können Boppard und Emmelshausen trefflich wuchern. Bald haben die Kommunen noch mehr Grund dazu.

Boppard/Emmelshausen. Ein Jahr vor ihrem 100. Geburtstag wird die Hunsrückbahn zur Großbaustelle. 80 Arbeiter sind in den Sommerferien im Dreischicht-Betrieb rund um die Uhr im Einsatz, um den Gleiskörper von Grund auf zu erneuern. Die Steilstrecke verlangt dem Spezial-Unternehmen, das von der DB Netz AG den Sanierungsauftrag für rund fünf Millionen Euro erhalten hat, eine logistische Meisterleistung ab. Am Freitag, 20. Juni, rücken die Bautrupps an. Am Montag, 4. August, soll das Werk vollendet sein. Während der gesamten Sanierungsphase ruht der Bahnbetrieb. Ersatzbusse verkehren in dieser Zeit im Rheinland-Pfalz-Takt zwischen Boppard, Buchholz, Bahnhof Fleckertshöhe, Ehr und Emmelshausen. Einschließlich der Materialkosten steckt die DB Netz AG 9,3 Millionen Euro in die Sanierung der Hunsrückbahn. Fit fürs 100. Jubiläum

"Endlich erwacht die Hunsrückbahn aus dem Dornröschenschlaf." Mit diesen Worten beschrieb Landrat Bertram Fleck jüngst bei einer Veranstaltung im Emmelshausener Bahnhof seine Erleichterung über die Totalsanierung des Gleiskörpers. Über Jahrzehnte konnten Befürchtungen, der noch verbliebene Rest der Bahnlinie Boppard-Simmern stehe kurz vor dem Aus, nie richtig ausgeräumt werden. Eine Wette darauf, dass die Strecke ihren 100. Geburtstag noch erlebt, hätte noch vor Jahren wohl niemand abgegeben. Doch in wenigen Monaten ist es soweit: Am Wochenende 27./28. September wird das 100. Jubiläum mit großem Bahnhof gefeiert. Die Zukunft der Hunsrückbahn ist für die nächsten Jahrzehnte gesichert. Dafür sorgt der private Betreiber "Rhenus Veniro", der nach einer Ausschreibung des zuständigen SPNV-Zweckverbands den Zuschlag erhielt und im Dezember 2009 den Bahnverkehr von der DB Regio übernimmt. "Heute würde niemand mehr eine solche Strecke bauen", sagte Michael Häßler von der DB Netz AG in Emmelshausen, als er die Pläne der Sanierung vorstellte. Damit charakterisierte er die Besonderheit, vielleicht sogar Einzigartigkeit der Hunsrückbahn. Sie ist rund 15 Kilometer lang, überwindet auf der 5,5 Kilometer langen Steilstrecke zwischen Boppard und Buchholz einen Höhenunterschied von 330 Metern. Riesige Stützmauern, fünf Tunnel und zwei Viadukte mit Rundbogencharakter geben der Bahnlinie ihr besonderes Gepräge. Schon seit Wochen schaffen LKW den Schotter und die Schwellen herbei. Die Baustoffe werden in Emmelshausen, Ehr und Buchholz gelagert. 26 400 Tonnen Schotter und 21 000 Schwellen werden benötigt. Der enormen Steigung von 60,9 Promille zollen die Sanierungsarbeiten ihren Tribut. Großmaschinen können auf der Steilstrecke nicht eingesetzt werden. Zudem darf das auf der Schiene transportierte Material nicht schwerer als 115 Tonnen sein. So können in einer Nacht nicht mehr als 28 Schienen abgeladen werden. Die Umbaurichtung erfolgt von Emmelshausen nach Boppard. Das alte Gleis wird Joch für Joch abgebaut, der Schotter entfernt. Anschließend bauen die Arbeiter den neuen Schotter ein, verlegen die Schwellen und setzen die 60-Meter-Schienen drauf. Eine Gleisstopf-Maschine bringt die Schienen in die richtige Lage. Zu guter Letzt wird das Gleis verschweißt. Am Ende der Sommerferien rollt die Hunsrückbahn auf neuen Gleisen.

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