Im Klima der Angst

THALFANG. Damit Menschenrechte nicht im Verborgenen verletzt werden, ist Felix Koltermann aus Thalfang vor einem halben Jahr für die Organisation CAREA nach Guatemala und die südmexikanische Provinz Chiapas gegangen. Dort arbeitet er als Wahl- und Menschenrechtsbeobachter. Der 24-jährige Fotografiestudent hat sein Ziel erreicht: Es ist alles gut gegangen.

"Keine besonderen Vorkommnisse" - diese Botschaft ist nicht normal in Guatemala, denn in die Zeit, in der Menschenrechtsbeobachter Felix Koltermann dort war, fielen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Für das Amt bewarb sich auch wieder Militärdiktator Rios Montt, der inzwischen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird. Im Süden Mexikos kämpfen die völlig verarmten Indios, die Nachfahren der einstigen Hochkultur der Mayas, um minimale Rechte. "Eine Wahl in einem mittelamerikanischen Land wie Guatemala verläuft meist nicht so wie eine bei uns", klärt der junge Menschenrechtler auf. Manipulationen seien an der Tagesordnung, und sei es auch nur in Form von Versprechungen wie Saatgut oder einer warmen Mahlzeit für die verarmte Landbevölkerung. "Ins Wahllokal fahren auf einmal auch Busse die Leute aus den hintersten Ecken des Landes", fügt Koltermann hinzu.Oberschicht bestimmt die Politik

Der größte Unterschied ist jedoch: Es gibt keine gewachsenen Volksparteien in Guatemala. Wer da als Kandidat antritt hat zuvor eine "Bewegung" um sich geschart und finanziert diese auch. Das bedeutet: Die Oberschicht bestimmt weitgehend die Politik. Aus den unteren Schichten kommt niemand ohne deren Zustimmung in Führungspositionen, und das Volk wird nur zur Stimmabgabe gebraucht. Damit diese wenigstens nach Recht und Gesetz abläuft, war Felix Koltermann in einem Wahllokal anwesend. Sogar Vordrucke, in denen detailliert festgehalten wird, was nicht richtig war, hätte er zur Verfügung gehabt und diese an eine Menschenrechtsorganisation vor Ort weitergeleitet. Präsident von Guatemala ist übrigens Oscar Berger geworden. "Der Name deutet schon darauf hin, dass man als Präsident immer der weißen Oberschicht angehört", stellt Koltermann fest. Ganz problemlos lief die Wahl dennoch nicht. Andernorts waren einige Wählerlisten unvollständig und ein paar Kandidaten, die sich einen Durchbruch erhofft hatten, aber am Schluss chancenlos blieben, drehten durch. "Immerhin konnten die Medien in Guatemala frei über diese Vorfälle berichten", freut sich der Deutsche. Nach dieser Wahl wechselte Koltermann nach Chiapas, der südlichen Provinz Mexikos, die seit einem Indioaufstand 1994 nicht mehr richtig zur Ruhe gekommen ist. "Dort herrscht ein Klima der Angst. Deshalb haben wir zivile Friedenscamps eingerichtet". Die Bedrohung gegenüber den Ureinwohnern, den Indios, geht nicht nur vom Militär aus, sondern auch von paramilitärischen Gruppen. Durch die Anwesenheit von Menschenrechtsbeobachtern wird Öffentlichkeit geschaffen. Schikane oder gar Schlimmeres bleibt so der Weltöffentlichkeit nicht verborgen. Felix Koltermann war im Dorf "Nuevo Yibeljoj" im Hochland von Chiapas. "Oft ist es keine akute Bedrohung, sondern es sind vielmehr die zahllosen Schikanen, beispielsweise durch die vielen Kontrollpunkte des Militärs, die das Leben der Indios schwer machen", erklärt der Aktivist. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade aus diesem Dorf Menschen kommen, die 1997 Opfer eines Massakers in Acteal wurden. Die Drahtzieher und Mörder sind bis heute nicht gefasst. Passiert ist während der Anwesenheit des Menschenrechtlers nichts. Der mexikanische Präsident Vincente Fox, ein ehemaliger Coca-Cola-Manager, heißt die Anwesenheit von Menschenrechtsbeobachtern sogar gut. Doch: "Die rassistischen Tendenzen im Land gegen die Indios sind greifbar", weiß Koltermann. Es werde sogar behauptet, die Ausländer hetzen die Erben der Mayas zum Aufstand auf. Der Fotografiestudent hat viele Fotos geschossen und steckt jetzt in den Vorbereitungen zu Ausstellungen und Vorträgen. Ein Diavortrag soll im Juli an der Trierer Uni sein. Ferner will Koltermann in Seminaren weitere Menschenrechtsbeobachter für ihren Auftrag vorbereiten. Infos dazu gibt es im Internet unter www.buko.info/carea, E-Mail carea@gmx.net und telefonisch unter der Berliner Nummer (030) 42805666.

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