Katasteramt will Stein austauschen

Tatbeteiligte melden sich, nennen Namen und Fakten. Juristen scheuen sich, die rechtliche Seite des Falles aufzugreifen. Vermessungsbeamte wollen schlichten - der Stein vom Erbeskopf hat einiges ins Rollen gebracht...

 Mit diesem preußisch-oldenburgischen Grenzstein will Klaus Olejnizak, der Leiter des Katasteramts Birkenfeld, die Wogen glätten. Foto: Reiner Drumm

Mit diesem preußisch-oldenburgischen Grenzstein will Klaus Olejnizak, der Leiter des Katasteramts Birkenfeld, die Wogen glätten. Foto: Reiner Drumm

Thalfang. Auch eine Woche, nachdem ein Motivwagen beim Fastnachtszug der Erbeskopf-Gemeinde Hilscheid die angeblich "frevlerische Tat" der Birkenfelder ans Licht brachte, wird weiter um den historischen Vermessungsstein vom höchsten rheinland-pfälzischen Berg gestritten. Der Monolith, anno 1870 als trigonometrischer Hauptpunkt der europäischen Gradmessung aufgestellt, war nach neuerlichen Vermessungen in den frühen 1970er Jahren durch einen der damals üblichen, simplen Grundsteine ersetzt worden. Der Granitblock läge vermutlich heute noch unbeachtet im Hang, hätte nicht ein seinerzeit auf dem Erbeskopf stationierter Hauptfeldwebel namens Bernhard Funk ihn 1982 zufällig bei Erdarbeiten im Umfeld der Bundeswehr-Radarstation entdeckt und ob der mutmaßlich historischen Bedeutung des Fundes seinen Dorfnachbarn, den Hobby-Archäologen Winfried Caspari, informiert.Von einem Diebstahl sprechen in diesem Zusammenhang - und das nicht nur zu Fastnachtszeiten - so manche Hilscheider. "Ich gehörte zu der Räuberbande", gesteht Jörn Benscheidt, der - wie Funk und Caspari aus Schmissberg stammend - einst half, den lieblos unter einer Erdschicht vergrabenen und in zwei Stücke zerbrochenen Stein zu bergen.Unstimmigkeiten über die Besitzverhältnisse zeichneten sich schon damals ab, zitiert Zeitzeuge Benscheidt aus dem im Dezember 2000 erschienenen Buch "Erbeskopf - Wahrzeichen des Hunsrücks". Besonders hilfreich bei dem Recherchen zu besagtem Buch waren laut Impressum Hans-Dieter Dellwo, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Thalfang, und Klaus Hepp, Leiter des Wintersportzentrums Erbeskopf, die sich heute dafür stark machen, den "in einer Nacht- und Nebelaktion gestohlenen Stein" in ihre Gemarkung zurück zu versetzen.Dank gebührt den damaligen Rettern

Angemessener wäre es, jenen zu danken, die sich für die Rettung dieses "Steins mit Geschichte" eingesetzt haben, meint hingegen Hisso von Selle, Vorstandsmitglied des Vereins für Heimatkunde im Landkreis an der oberen Nahe: In Absprache mit dessen damaligem Leiter Horst Pauly habe Caspari den Transport zum Katasteramt in Birkenfeld organisiert; zuvor habe Pauly, wie er noch heute betont, mündlich die Genehmigung der Landesvermessungsbehörde zur Umsetzungsaktion eingeholt. Als der Stein 1999 dringend benötigten Parkplätzen weichen musste, bot ihn die Behörde dem Heimatkunde-Verein an. "Wenn also jemand heute Besitzansprüche anmelden dürfte, wäre es das Landesvermessungsamt", sagt von Selle.Beim Transport zum Museum in der Friedrich-August-Straße zerbrach der Monolith ein zweites Mal und konnte nur mit Mühe am neuen Standort zusammengesetzt werden.Doch wohlmöglich geht's ohne weiteren Umzug, versucht Klaus Olejnizak, der heutige Chef des Kataster- und Vermessungsamts Birkenfeld, deeskalierend zu wirken. Die höchste Stelle des höchsten Berges im Lande sollte schon ein respektabler Stein nebst entsprechender Hinweistafel zieren, meint Olejnizak. Er bietet als Ersatz für den Erbes kopf-Monolithen einen preußisch-oldenburgischen Grenzstein aus den Beständen seines Amtes an...Birkenfelds Bürgermeister ist nicht zuständig

Er habe nichts dagegen, den Stein an seinen legitimen Eigentümer zurückzugeben, sagt Manfred Dreier. Als Volljurist weiß er nur zu gut um die nach wie vor komplizierten Eigentumsverhältnisse. Aber auch, dass er als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld der falsche Ansprechpartner in Sachen Erbeskopf-Stein ist. Über dessen Zukunft entscheiden könne nur der derzeitige Eigentümer, der Verein für Heimatkunde. Und den habe, so weiß Dreier, zumindest bis Wochenbeginn noch niemand gefragt.

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