Kinder trauern anders

Bei Todesfällen im engen persönlichen Umfeld wird das Trauerbedürfnis von Kindern vielfach unterschätzt oder missverstanden. Diese Erkenntnis war Inhalt eines Vortrags in Morbach.

 Auch das Bemalen eines Sarges kann Kindern helfen, ihre Trauer um einen Verstorbenen zu bewältigen. Im Bild nehmen Raphael und Gabriel ein Angebot der Longkamper Schreinerei Wilbert bei der Weiperather Holzmesse wahr. TV-Foto: Ursula Schmieder

Auch das Bemalen eines Sarges kann Kindern helfen, ihre Trauer um einen Verstorbenen zu bewältigen. Im Bild nehmen Raphael und Gabriel ein Angebot der Longkamper Schreinerei Wilbert bei der Weiperather Holzmesse wahr. TV-Foto: Ursula Schmieder

Morbach. Trotz und Streitsucht können Warnsignale sein. Aber auch die übertriebene Fröhlichkeit eines "Gruppen-Clowns" oder der Rückfall in frühere Verhaltenweisen. "Kinder trauern anders", weiß Diplom-Psychologin Sonja Fischbach von einer Vielzahl unterschiedlicher Reaktionen. Sei es das Bedürfnis, wieder im Eltern-Bett zu kuscheln, ein erneutes Einnässen oder Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Auch Kinder suchten nach Antworten - aber anders als Erwachsene. Das erklärt die Expertin den Zuhörern, die der Einladung von Kindergarten und Volkshochschule Morbach zu ihrem Vortrag gefolgt sind. Daher gebe es gerade bei der Trauer viele Missverständnisse zwischen Kindern und Erwachsenen.Einige der Zuhörer wissen davon aus eigener Erfahrung zu berichten. Ein Beispiel ist die entsetzte Reaktion eines schwer erkrankten Angehörigen auf die Offenheit des Enkels. Dabei ist es alles andere als Herzlosigkeit, wenn Kinder nicht nur die Krankheit beim Namen nennen, sondern auch offen den möglichen Tod des geliebten Menschen ansprechen. In solchen Gesprächen spiegelt sich vielmehr Sorge und das Hoffen auf Genesung. Ähnlich missverständlich ist der Eindruck, dass es Neugier oder gar Wichtigtuerei ist, die Kinder zu unmittelbar von einem Todesfall betroffenen Menschen drängt. Denn alles, was sie sich von diesen erhoffen, sind Antworten, die einzig dazu dienen, die eigene Trauer besser verwinden zu können.Wie wichtig die Zeit der Trauer auch für Kinder ist, verdeutlich Fischbach mit ihrem Hinweis, dass selbst monatelange kindliche Trauer kein Grund zur Sorge sein muss. Auch wenn es einem das Herz breche, ein Kind immer wieder um einen Verstorbenen weinen zu sehen - es sei wichtig, diesen Raum zu lassen. Denn: "Der Schmerz des Vermissens muss raus." Hilfreich seien aber auch gezielte Trauerrituale, wie das Festhalten von Erinnerungen beim Malen. Auch wer all das aufschreibe, was er dem Verstorbenen noch gern gesagt oder mit ihm gemacht hätte, verarbeitet den Verlust. Das anschließende Verbrennen der Notizen könne zudem den tröstlichen Gedanken vermitteln, dass diese über den Rauch ihren Adressaten erreichen. Anderen helfe es, all die Schätze oder auch Fotos in einem Kästchen zu sammeln, das bei Bedarf immer wieder hervorgeholt werden kann. Kinder könnten aber auch zu Beerdigungen mitgehen, was ihnen wenn sie es wünschten, nicht verwehrt werden sollte, ebenso wie das Abschiednehmen von einem Todkranken. Außerdem könne es Kindern helfen, in den Trauerprozess der Erwachsenen eingebunden zu werden. Sei es, dass sie ein selbst gemaltes Bild in den Sarg legen oder den Sarg eines verstorbenen Kindes bunt anmalen. Je nach Alter oder Entwicklungsstand des Kindes können auch Geschichten helfen, wie die von der kleinen Raupe, aus der ein schöner Schmetterling wird.Erwachsenen, die sich aufgrund der eigenen Trauer außerstande sehen, auf die Nöte ihres Kindes einzugehen, empfiehlt Fischbach, einen vertrauten Menschen darum zu bitten. Keinesfalls sollten Erwachsene Fragen ausweichen, obschon das Eingestehen eigener Ratlosigkeit und auch der Trauer richtig sei. Aufrichtigkeit im Gespräch sei oberstes Gebot - ebenso wie das Hüten vor Beschönungen.

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