Klassenfahrt nach Klein-Venedig

MORBACH. Ungewöhnliches Projekt in der Morbacher Realschule: 26 Schüler der Klasse 9c befassen sich mit regionaltypischen Bauten an konkreten Beispielen.

"Sieht das hier nicht aus wie Klein-Venedig?" Architekt Hubert Schu gerät vor den Schülern der Klasse 9c der Morbacher Realschule samt Lehrerin Margret Scholtes ein wenig ins Schwärmen. Er steht mitten in Rapperath an der Dhron, die - eingefasst in ein Natursandsteinbett - sich durch den Ort schlängelt. Mehrfach wird der Bach überspannt von malerischen Gewölbebrücken. Auf einem der Bauwerke steht Schu mit den Exkursionsteilnehmern und weist sie auf einzelne Gebäude hin. Die Häuser in Rapperath seien regionaltypisch gebaut, erläutert der Architekt.Schu zeigt nicht nur die Schokoladenseite

Die Baumaterialien sind Stein und Holz. Schu zeigt allerdings nicht nur die "Schokoladenseite" des Orts. Beispielsweise stehe das alte Pastorenhaus leer. Hunsrück-Dörfer, in denen es viele Leerstände gibt, werden künftig zum Problem, ist Schu überzeugt. Szenenwechsel: Kurze Zeit später besichtigt die Gruppe Rhaunen. Vom Gebäudestil her könnte der Unterschied kaum größer sein. Statt Gebäuden im ländlichen Stil sind im ehemaligen Marktflecken und Gerichtsstandort regelrechte Stadtvillen aus der Zeit zu sehen, als Rhaunen noch zu Bernkastel gehörte. Auch die Baumaterialien haben sich verändert: Naturschiefer-Bauwerk mit Sandstein-Gesimsen, wie man sie von der Mosel kennt. Die Schüler beeindruckt vor allem das alte Rathaus mit den markanten Arkaden. Obwohl auffällig von der Optik, hält Schuh auch dieses Haus für hunsrücktypisch. Warum? Gebaut wurde das Haus mit Mauerwerk aus Schieferbruchstein und Hunsrücker Eichenholz. Rhaunen bleibt den 26 Schülern in Erinnerung, wenn auch weniger aus architektonischen Gründen. "Hier wurden früher Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet", berichtet Anastasia Löwen (16), die selbst in Rhaunen wohnt. Die Exkursion ist Bestandteil eines Projekts im Unterrichtsfach "Bildende Kunst", das Lehrerin Margret Scholtes mit den 26 Schülern der 9c der Sophie-Scholl-Realschule betreibt. "Die Schüler sollen sich mit dem Thema regionales Bauen befassen", schildert Margret Scholtes die Absicht ihres Vorhabens. Und zwar im eigenen Umfeld. Deshalb fuhr die Klasse Dörfer an, in denen einzelne Schüler wohnen. Interessanterweise waren es neben Rapperath und dem Kirchspiel Kleinich auch Dörfer wie Bruchweiler und Hottenbach, die aus Morbacher Sicht "überm Wald", sprich auch jenseits der Grenzen der Einheitsgemeinde und des Kreises Bernkastel-Wittlich, liegen. "Aber das gehört zur Lebensrealität der Schüler", so Scholtes. Denn ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Jungen und Mädchen wohnt jenseits des Idarwaldes. Die Exkursion war nur der Anfang eines kompletten Projekts. Anschließend hatten die Schüler die Aufgabe, Informationen über ein ganz bestimmtes Gebäude zusammenzutragen. "Wir sollen am Computer eine Präsentation erstellen, und die wird dann bewertet", beschreibt Lisa Keuper aus Bäsch den zweiten Teil des Projekts. "Das Haus konnten sie sich selbst aussuchen", erklärt die Lehrerin. "Ich nehme das Haus Böß in Schwollen", war sich Tina Hartenberger (14) aus Deuselbach gleich sicher. In Schwollen lebt schließlich ihre Oma. Und das Haus interessiere sie einfach. Die Schüler arbeiten übrigens nicht nur für die Schublade. Die besten Arbeiten werden der Architekten-Kammer für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt. Und vielleicht bekommen auch die Teilnehmer der nächsten Regionaltagung im Hunsrückhaus die Präsentationen zu sehen.

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