Kühler Rechner mit heißem Herzen

HORATH. Für manchen Ortsbürgermeister geht am 13. Juni, dem Tag der Kommunalwahl, ein wichtiges Kapitel zu Ende. In einer losen Reihe portraitieren wir unter dem Motto "Bürgermeister a.D." altgediente Kommunalpolitiker, die nach vielen Jahren ehrenamtlichen Engagements ihren Abschied nehmen.

Helmut Schuhs politische Karriere ist von zwei Superlativen geprägt: Als er antrat, war er mit 31 Jahren der jüngste Ortsbürgermeister im Kreis, heute - wenige Monate vor seinem endgültigen Abschied aus der Kommunalpolitik - ist er einer der Dienstältesten. Seit 35 Jahren lenkt er die politischen Geschicke in seiner Wahlheimat. Mit einer "kleinen Revolution" hatte 1969 alles begonnen. "Wir waren junge Leute und wollten in die Politik eingreifen", erinnert sich Schuh. Kurzerhand heckte der Kreisvorsitzende der Jungen Union gemeinsam mit politischen Weggefährten einen Plan aus. Sie stellten gleich zwei Listen auf: eine für die CDU und eine Freie-Wähler-Liste. Nach der Wahl war der Horather Gemeinderat bis auf eine Person komplett neu besetzt. Und der neue Bürgermeister hieß Helmut Schuh. Mitglied der CDU ist er übrigens bis heute, wenn auch das Verhältnis zu den Parteifreunden 1985/86 einen starken Knacks bekam, weil er sich bei seiner ersten Kandidatur um den Bürgermeistersessel in der Verbandsgemeinde wegen mangelnder Unterstützung "verschaukelt fühlte". Seither engagiert er sich bei den Freien Wählern. Die Kandidatur war ebenso wie der zweite Versuch 1989 gegen den heutigen Amtsinhaber Hans-Dieter Dellwo erfolglos geblieben. Den gebürtigen Prosterather hatte die Liebe in das 400-Einwohner-Dorf zwischen Hunsrück und Mosel geführt. Seine künftige Ehefrau war als Inhaberin eines Tante-Emma-Ladens eine "gute Partie" und hübsch obendrein. Dass er sie den Dorfburschen vor der Nase wegschnappte, hat das Verhältnis zwischen den Horathern und dem Neubürger nicht nachhaltig getrübt. "Hier werden Zugezogene mit offenen Armen empfangen, wenn sie sich integrieren wollen", beschreibt er, was er selbst erlebt hat. Denn schon ein Jahr nach seiner Hochzeit mit Ehefrau Cäcilia wurde er Vorsitzender des Männergesangvereins. Mehr als 40 Jahre war er aktives Mitglied der Feuerwehr, seit 25 Jahren ist er Jagdvorsteher, um nur einige Ehrenämter zu benennen. Dass er "keiner von ihnen" war, hat Schuh als Vorteil gesehen. Schließlich habe er immer mal jemandem auf die Füße treten müssen. Und die Bürger nahmen dem heute 66-Jährigen ab, dass er "einen wie den anderen behandeln wollte". Dennoch ging manches nicht ohne Differenzen ab. Das hatte Konsequenzen: "Bin ich jemandem auf die Füße getreten, wurde die Frau tags drauf nicht gegrüßt." Doch die trägt‘s mit Fassung - bis heute.Umbau Horaths zur modernen Gemeinde

In den 35 Jahren hat Schuh den Umbau des landwirtschaftlich geprägten Dorfes in eine "moderne Gemeinde" entscheidend mitgeprägt. Zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur wurden kommunal und überregional mehr als 17 Millionen Euro zur Verbesserung der Infrastruktur ausgegeben. Stolz ist der ehemalige Finanzbeamte auf die Tatsache, dass er zum Abschied erstmals nach zehn Jahren wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte. Doch das sei nicht nur sein Verdienst, auch ein "Glücksfall" - dank eines Überschusses im Forsthaushalt und Beiträgen für die Forst- und Feldwege-Unterhaltung, die in diesem Jahr fällig würden. Doch der Etat 2004 wird eine Ausnahme bleiben. Deshalb bedauert er, dass der geplante Windpark abgelehnt wurde, der der Gemeinde zusätzliche Einnahmen beschert hätte. Mit kritischen Worten und viel Temperament hat sich der kühle Rechner im VG-Rat Thalfang, für den er ebenfalls nicht mehr antreten will, im Zusammenhang mit der Verschuldung als "Einzelkämpfer" wenig Freunde gemacht. Doch Beharrlichkeit und Gerechtigkeitssinn "sind bei mir eben stark ausgeprägt". In seinem Ruhestand will er sich vor allem um jene kümmern, die all die Jahre zu kurz kamen: die Familie. Auf dem Programm stehen vor allem häufigere Besuche bei der 94-jährigen Mutter in Prosterath. Und: "Ich will meine Enkelinnen aufwachsen sehen."

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