Möbelhof: Alle Räder stehen still

Das Traditionsunternehmen Möbelhof Backes und Flesch KG steht vor dem Aus. Heute, Samstag, kommen die Restbestände unter den Hammer. Der Interessent Noris TG GmbH ist abgesprungen. Ein anderer ist nicht in Sicht.

Morbach. Wer wissen will, wie das frühere Chefzimmer im Möbelhof Backes und Flesch KG ausgesehen hat, hat am heutigen Samstag die Gelegenheit dazu. Es kommen zudem Packtische und die Empfangstheke unter den Hammer. Das Auktionshaus Lämmle versteigert Restbestände. Denn: Beim Traditions-Möbelhaus gehen die Lichter aus.

Monatelang hatten sich die Verhandlungen von Insolvenzverwalter Oliver Brand mit dem Interessenten, der Firma Noris TG GmbH, hingezogen. Bereits im Juni schloss man einen Vertrag über die Vermarktung des Warenbestandes. Großes Interesse an der Immobilie und dem Fortbestehen des Möbelhofs bekundete damals und später der Generalbevollmächtigte des Unternehmens Werner Müller.

Die Rede war von einer Sanierung und Erweiterung der Verkaufsfläche und sogenannten "Shop-in-Shop"-Lösungen.

Bei den Absichtserklärungen ist es geblieben. Der Interessent sei abgesprungen, ein neuer nicht in Sicht, erklärt zunächst Andreas Becker, der als selbstständiger Unternehmensberater Brand bei der Insolvenzverwaltung des Möbelhofs unterstützt. Die Noris TG habe nach seinen Informationen im Rahmen des Börsencrashs viel Geld verloren, sagt er. Das sei "für alle Beteiligten ärgerlich".

Mitarbeiter fühlen sich verschaukelt



Die finanziellen Verluste hat Müller, der nach eigener Aussage zurzeit beruflich im Ausland weilt, inzwischen per E-Mail bestätigt. Aus diesen und anderen Gründen habe man das Engagement zurückgezogen. Unklar ist allerdings, wer hinter dem Unternehmen steckt. Die Firma Noris TG ist im Internet in Salzbergen bei Rheine, Niedersachsen, zu finden. Unter der dortigen Adresse firmiert ein Möbelhaus Feldmann. Dort kennt man allerdings die Noris TG nicht. Andere Spuren führen nach TV-Informationen zu einer Azad Firmengruppe in Dortmund, die im Orientteppich-Handel tätig ist. Eine Auskunft erhält der TV am Freitagnachmittag nicht.

Von den rund 60 Mitarbeitern steht laut Becker niemand mehr auf der Lohnliste des Insolvenzverwalters. Sie seien bereits Ende Juni für drei Monate in eine Beschäftigungsgesellschaft gewechselt.

Viele von ihnen sind sauer auf die Noris TG. Zum Beispiel Christian Schabbach aus Morbach, 20 Jahre lang Möbelverkäufer im Schollenfeld: "Wir fühlen uns verschaukelt." Anders als seine Frau, die ebenfalls auf der Lohnliste des Morbacher Unternehmens stand, hat er zwar bereits eine neue Stelle. Inklusive Fahrtkosten fehlen 700 Euro in der Lohntüte der Familie. Sein Ex-Kollege Reiner Bungert aus Weiperath, ebenfalls wieder in Lohn und Brot, glaubt, dass der "Schein-Investor" nie den Betrieb habe fortführen wollen. Das habe die Noris TG schon früh durchblicken lassen. Das bestätigt der Insolvenzverwalter nicht. Das Unternehmen habe einen "guten Leumund" und sei ihm empfohlen worden. Bis heute habe sich die Noris TG "vertragsgerecht verhalten". Dass man von Anfang an nicht beabsichtigt hätte zu kaufen, darauf deutet laut Brand nichts hin.

Schließlich habe die Noris TG zum ganz überwiegenden Teil das Geld, wie vertraglich festgelegt, für die Beschäftigungsgesellschaft zur Verfügung gestellt. Und: Er könne niemanden zwingen, einen Kaufvertrag abzuschließen.

Meinung

Der Unmut ist groß

Die Skeptiker haben Recht behalten. Das Unternehmen Möbelhof wird nach knapp 50 Jahren abgewickelt. Das ist bitter für die rund 60 Ex-Mitarbeiter, auch wenn sie inzwischen nicht mehr direkt betroffen sind. Sie traten Ende Juni in eine Beschäftigungsgesellschaft ein und stehen nicht mehr auf der Lohnliste des Insolvenzverwalters. Trotzdem ist der Unmut groß. Ob sich im Nachhinein tatsächlich klären lässt, ob der abgesprungene Investor tatsächlich das Haus weiterbetreiben oder mit dem Abverkauf nur eine schnelle Mark machen wollte, ist fraglich. Das Aus ist in jedem Fall ein herber Schlag nicht nur für die Mitarbeiter, sondern für den Möbelstandort Morbach, der seine Kundschaft bis tief ins Saarland hinein hatte. i.rosenschild@volksfreund.de

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