Maismühle, Frisiersalon – oder doch eine Kuh?

HORATH. Seit knapp eineinhalb Jahren betreut Sandra Wirz in Nicaragua junge Leute, die sich eine Existenz aufbauen möchten. Nun ist die ansonsten in Köln lebende Entwicklungshelferin für einige Tage zu Besuch bei den Horather Eltern.

 Ein Päckchen "fairer" Kaffee und ein Paar Ohrringe. Mehr Mitbringsel hat Sandra Wirz nicht eingepackt, als sie nach fast eineinhalb Jahren als Entwicklungshelferin in Nicaragua zum ersten Deutschland-Urlaub aufgebrochen ist. TV-Foto: Ursula Schmieder

Ein Päckchen "fairer" Kaffee und ein Paar Ohrringe. Mehr Mitbringsel hat Sandra Wirz nicht eingepackt, als sie nach fast eineinhalb Jahren als Entwicklungshelferin in Nicaragua zum ersten Deutschland-Urlaub aufgebrochen ist. TV-Foto: Ursula Schmieder

Nach mehr als einem Jahr Südamerika genießt Sandra Wirz es, einige Tage zu Hause zu sein. Obwohl sie zwei Zuhause hat: Die derzeit untervermietete Kölner Wohnung und das Elternhaus in Horath. Auf die winterlichen Temperaturen könnte sie allerdings gut verzichten - nicht jedoch auf ihre heiß geliebte Salami, die sie in Nicaragua doch arg vermisst hat.Perspektiven aufzeigen und Startkapital vermitteln

Im August 2005 war die Entwicklungshelferin nach Nicaragua gestartet. Entsandt von "Eirene", dem internationalen "Friedens- und Entwicklungsdienst", berät die 33-Jährige dort junge Leute, die sich auf dem Land eine Existenz aufbauen möchten. Im Rahmen des Projektes "Kleinkredite für Jugendliche und junge Erwachsene" zeigt sie Perspektiven auf und verhilft zum benötigten Startkapital. Denn das Ziel ihres Arbeitgebers "Addac" ist die Förderung der ländlichen Entwicklung, vor allem "Hilfe zur Selbsthilfe". Die Aufgabe der diplomierten Sozialarbeiterin ist, die von Dorfoberen ausgewählten jungen Leute zu betreuen und ihnen "unter die Arme zu greifen". Denn ohne Weiteres bekommt niemand Geld. Ein Kredit ist an diverse Kurse gebunden und an eine realistische Geschäftsidee. "Die meisten wollen Kühe haben - das ist so ein Prestigeobjekt", erzählt Wirz. Immerhin koste eine Kuh etwa 500 Dollar und wer viele Kühe habe, sei ein reicher Bauer. Doch auch andere Ideen - wie eine Maismühle, ein Frisiersalon, eine Schneiderei oder ein Kopierladen - können Einkommen sichern und vor allem die Landflucht stoppen. "Ich habe das Gefühl, dass ich eine gute Arbeit mache", freut sich Wirz über ihren Anteil daran. Wenn sie mit dem Geländewagen über die Dörfer fährt, bekommt sie mit, wie die etwa 130 Projekte laufen. Und sie hört, wenn von Einnahmen Medikamente gekauft werden können, was sonst kaum möglich wäre. Einige der jungen Leute zahlten ihre Kredite binnen zwei Jahren zurück, berichtet sie stolz: "Toll, dass das so klappt - das ist so ein Vertrauensverhältnis." Dennoch will Wirz ihre Arbeit in Südamerika nicht länger als ursprünglich geplant fortsetzen. "Ich komme im September zurück", steht für sie fest. Zum einen sei sie von ihrer regulären Arbeit in einer Drogenberatungsstelle nur für zwei Jahre beurlaubt. Zum anderen denke sie, dass es nun einfach mal genug sei: "Ich hab das Gefühl, ich müsste mich mal wieder erden." Dabei denkt sie auch an das vorherige halbe Jahr in Bolivien, wo sie die Horather Ordensschwester Consulata unterstützte. Vielleicht hat sie sich deshalb so gut eingelebt in der Region Matagalpa mit dem "schönen frischen Klima". Man könne dort ganz toll in die Berge fahren oder in den Flüssen schwimmen. Dank des dortigen Freundeskreises kommen auch Konzerte oder kulturelle Veranstaltungen nicht zu kurz. Abgesehen von einem "kleinen Durchhänger" nach etwa einem Jahr ist es ihr daher nicht schwer gefallen, so lange so weit weg zu sein. Familie und Freunde vermisste sie aber schon - vor allem, wenn die zu Hause beisammen waren. "Du bist halt nicht um die Ecke und kannst nicht mal schnell vorbeikommen."

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