Milch gratis, aber nicht umsonst

"Die Leute wissen gar nicht, wieviel Arbeit in der Milch steckt", sagt Gerd Remmy aus Hoxel. Mit seinem Protest will er auch auf die Produktionsbedingungen aufmerksam machen.

Morbach-Hoxel. "Es fällt mir schwer, die Milch einfach in die Gülle zu schütten", sagt Gerd Remmy aus Hoxel, während aus dem Radio eine Meldung über neue Proteste von Milchbauern laufen. "Da bekomme ich in der Nacht kein Auge zu." Seit Montagnachmittag verschenkt der Landwirt seine Milch - aus Protest gegen die niedrigen Milchpreise.

Remmy sitzt alleine am Küchentisch und blickt auf sein Abendessen. Ehefrau Doris und Sohn Christian sind bereits wieder im Stall verschwunden. "Die Kühe müssen zweimal täglich, Montag bis Sonntag, gemolken werden, sonst werden sie krank. Man kann abends eigentlich nie mal einen trinken gehen. Auch Urlaub ist nicht drin."

Dabei ist der Hof der Familie Remmy, der Steiner Hof im Morbacher "Balkan", kein reiner Milchbetrieb. Zu den siebzig Milchkühen kommen rund 200 Mastbullen. "Immerhin ist damit die Insolvenz kein Thema für uns, auch wenn wir über eine Million Euro vor ein paar Jahren investiert haben und für die Milch kräftig draufzahlen müssen", bezieht sich Remmy auf die kleineren Milchbauern (unter 100 Tiere), für die es ums Überleben geht. Mit seinem Protest möchte er vor allem Solidarität zeigen.

20 Leute sind bis 18 Uhr gekommen, um sich aus dem großen Kühltank neben der Melkanlage Milch abzapfen zu lassen. Einige kommen auch sonst regelmäßig, wie Walter und Gariele Steel aus Morbach. Für Kathrin, die siebenjährige Enkelin, ist der Stall aber Neuland. Gerne gibt Frau Remmy der Zweitklässlerin Unterricht. "Fass mal an, man fühlt die warme Milch" Vorsichtig fasst Kathrin an das Euter einer massigen Schwarz-Bunten. "Die meisten Verbraucher wissen gar nicht, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden." Und man vergesse, dass es zwischen Milchquoten und Discounterpreisen auch um Tiere gehe.

"Unsere älteste Kuh ist dreizehn Jahre alt. Das ist die alte Rasse. Die neuen Rassen leben nicht so lange. Nach sechs Jahren sind die ausgelaugt, bekommen Leberschäden und Euterentzündungen". So ist das Durchschnittsalter bei den Milchkühen auf dem Steiner Hof Schritt für Schritt auf rund sieben Jahre gesunken.

Davon ahnt Kathrin noch nichts. Sie ist einfach von den Tieren begeistert und will die Kälber sehen. Diese werden von Christian gerade zusammen mit älteren Tieren gefüttert. Dazu schüttet er fünf große Eimer mit Milch in den langen Futtertrog. "Was wir nicht verschenken, wird verfüttert", sagt Christian. Mit lautem Schmatzen verschwinden 100 Liter Milch in rund dreißig Mäulern. "So haben wir zumindest später noch etwas davon."

Der Protest geht weiter. Am Montagabend haben die Remmys ein Mahnfeuer entzündet. Am Dienstag geht es mit rund 40 Bauern aus der Region Trier, der Eifel und dem Hunsrück zur Demo nach Mainz.

Bis zum Sonntag kann auf dem Steiner Hof nachmittags noch Milch geholt werden.

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Geld und Markt Seite 7

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