Misshandelte Frau schweigt

Nicht oft kommt es vor, dass die am Prozess Beteiligten den Gerichtssaal so wie in diesem Fall mit einem mulmigen Gefühl verlassen - wegen der Befürchtung, dass noch Schlimmes passieren könnte.

Idar-Oberstein/Bad Kreuznach. (rm/kuk) Prügeleien und Vergewaltigungen musste eine junge Frau aus Idar-Oberstein durch ihren Freund erleiden. Weil sie aber vor Gericht schwieg, verurteilte die Große Strafkammer am Bad Kreuznacher Landgericht den 23-jährigen Angeklagten wegen Körperverletzung und Nötigung nur zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren. Diese musste zudem zur Bewährung ausgesetzt werden, weil der gebürtige Amerikaner noch nicht vorbestraft ist. Auch der Haftbefehl gegen den aus New Jersey stammenden Mann wurde aufgehoben. Nach vier Monaten Untersuchungshaft konnte er das Gericht freien Fußes verlassen.

Mehrfach mit dem Messer bedroht

Mit dem Messer soll der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft seine gleichaltrige Freundin mehrfach bedroht haben. Dabei sei es auch zur Vergewaltigung gekommen. In einem Fall habe er der jungen Frau das Messer in ein Nasenloch gesteckt. Anschließend habe er zwei Messerklingen wie eine Schere gekreuzt, sie um den Hals der Frau geführt und sie dann zum Oralsex gezwungen.

In anderen Fällen hatte der Mann laut Anklage seine Freundin geschlagen, getreten, sie an den Haaren durch die Straßen gezogen und sie vor sich niederknien lassen, um sie dann mit einem Küchentuch bis nahe der Bewusstlosigkeit zu würgen. Dass er die junge Frau geschlagen habe, gab der Angeklagte zu. Zu den übrigen Vorwürfen machte er aber keine Angaben. Weil sich die beiden inzwischen verlobt haben, stand dem Opfer ein Aussageverweigerungsrecht zu, von dem es auch Gebrauch machte. Das dürfe dem Angeklagten nicht negativ angelastet werden, stellte Staatsanwältin Christine Moßem in ihrem Plädoyer fest.

So konnten nur die "einfachen" Körperverletzungen verurteilt werden, für die es auch Zeugen gebe. So hätten Nachbarn die Hilfeschreie und Schmerzensschreie der Frau gehört. Die Mindeststrafe für die Vergewaltigung mit dem Messer hätte bei fünf Jahren gelegen. Das Opfer habe sich dazu entschieden, wieder mit seinem Peiniger zusammenzuleben, fasste Moßem zusammen - nicht ohne darauf hinzuweisen, dass "Hörigkeit und blinder Gehorsam irgendwann ins Verderben führen". Die Staatsanwaltschaft habe dies zu akzeptieren. "Das Opfer muss die möglichen Folgen nun selber tragen, schließlich ist es alt genug."

Entgegen dessen eigener Ausführungen glaubt die Staatsanwältin nicht daran, dass sich der Angeklagte, der kurze Zeit in Baumholder als Soldat stationiert war und dann als Tourist nach Deutschland zurückkehrte, während der Untersuchungshaft grundlegend geändert hat. "Auf die Schnelle wird keiner vom Saulus zum Paulus." Mit seinem Urteil folgte das Gericht unter Vorsitz von Richterin Tanja Voltz in vollem Umfang dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

"Wir sind der Meinung, dass wir Sie noch längere Zeit im Auge behalten sollten", betonte die Richterin. "Und Sie haben mit dem sofortigen Widerruf der Bewährung zu rechnen, sollte noch einmal etwas passieren." Als Bewährungsauflage muss der erwerbslose Mann, der in Deutschland kein Aufenthaltsrecht genießt, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Das Urteil ist rechtskräftig.

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