Mit 40 Jahren der erste Urlaub

TALLING. Wenn andere in den wohl verdienten Ruhestand gehen, dann lassen sie manches ruhiger angehen. Doch Rudi Marx, der seit 50 Jahren seinen Malerberuf ausübt, ist noch in vielen Bereichen aktiv.

 Auch seine Leistungen als Ortsbürgermeister können sich sehen lassen: Rudi Marx vor dem Gemeindehaus in Talling.Foto: Ilse Rosenschild

Auch seine Leistungen als Ortsbürgermeister können sich sehen lassen: Rudi Marx vor dem Gemeindehaus in Talling.Foto: Ilse Rosenschild

"Offiziell bin ich seit sechs Jahren im Ruhestand", schmunzelt Rudi Marx, wohl wissend, dass er in seinem Rentnerdasein mehr arbeitet als mancher Berufstätige. Er hat in seinem dritten Lebensabschnitt noch einige Funktionen, und die haben es in sich: Er ist seit 19 Jahren Ortsbürgermeister von Talling. Und er ist bis heute ehrenamtlicher Geschäftsführer bei der Firma Gebrüder Marx und im Ferienpark Himmelberg. Auch wenn er die Verantwortung in die Hände seiner Kinder gelegt hat: "Die Arbeit macht mir mehr Spaß als vorher."

Dass er Maler lernen würde, war ihm wohl ebenso wenig in die Wiege gelegt wie seine Karriere als Unternehmer und Kommunalpolitiker. Eigentlich hatte er in jungen Jahren Gärtner oder Schneider werden wollen. Doch ein Malermeister bot ihm eine Lehrstelle an, die er zunächst ausschlug. Genommen hat er sie später doch, wenn auch schweren Herzens, gesteht der heute 64-Jährige.

14 Jahre war Marx alt, als er die Lehre in Thalfang begann und 22, als er als bester und jüngster Meister im Kammerbezirk Trier seine Prüfung bestand. Neben Fleiß war dazu eine große Portion Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit erforderlich. Alles Eigenschaften, die ihm sein ganzes Leben lang zu Gute kamen. Als er sich beispielsweise mit 20 Jahren selbständig machen wollte, sei er bei der Handwerkskammer erst einmal zur Minna gemacht worden.

"Werden Sie erst einmal volljährig", musste er sich sagen lassen, ließ sich dann aber nicht abschrecken.

Später hat ihm seine Arbeit übrigens Spaß gemacht: "Es ist ein vielseitiger und kreativer Beruf." Sein Ehrgeiz sei es gewesen, dem Zeitgeist, auch wenn es den Begriff damals wohl noch nicht gab, immer zwei, drei Jahre voraus zu sein. In den 70ern sei er der erste unter den Kollegen gewesen, der mit einem so genannten Airless-Gerät eine neue Technik anwenden konnte, das luftlose Spritzen. Damals hatte er längst seinen eigenen Betrieb in Talling gegründet. In den 70er Jahren übernahm er gemeinsam mit seinem Bruder das väterliche Anwesen in Thalfang-Bäsch. Der Betrieb wurde damals um fünf Maurer- und Verputzergesellen erweitert.

Damit wurde in Bäsch übrigens eine alte Tradition fortgesetzt. Denn Urgroßvater Philipp Marx hatte nachweislich 1884 in Bäsch einen Maurerbetrieb. Wolfgang, der Sohn von Rudi Marx, setzt nun in der fünften Handwerksgeneration die Tradition fort. Der Senior mischt immer noch gern mit, auch wenn die Zeiten nicht rosig sind. "Es herrscht ein unwahrscheinlicher Kostendruck", kommentiert der Jubilar die allgemeine Lage in seiner Branche.

Auch der eigene Betrieb blieb davon nicht verschont. Statt in den besten Zeiten 50 beschäftigt das Unternehmen mittlerweile nur noch 27 Mitarbeiter. 2001 herrschte bei Marxens Kurzarbeit, derzeit habe das Unternehmen wieder einen "recht vernünftigen Auftragsbestand".

Seine größte Baustelle? Bei der Frage muss Marx nicht lange nachdenken. Ende der 70er Jahre baute ein bayrischer Investor den Ferienpark Himmelberg. Nach 30 Häusern war Schluss. Allein heimische Handwerksbetriebe, darunter die Firma Marx, hätten eine halbe Million Mark verloren. Eine Bank ermöglichte den Weiterbau - mit dem Malermeister als Generalunternehmer. Doch die Gesellschaft, die die neuen Eigentümer gegründet hatten, geriet ebenfalls in Schwierigkeiten. Deshalb betreiben Sohn Roland und er seit 1996 den Ferienpark mit 156 Häusern und 40 Appartments selbst. 2001 kam der Himmelberg auf 88 000 Übernachtungen.

Im vergangenen Jahr erwischte die Krise im Tourismusgeschäft auch den Himmelberg: 17 000 Übernachtungen weniger. Zur Zeit deute sich an, das sich die Situation stabilisiert.

Umgehungsstraße gehört zu Marx' Erfolgen

Malermeister und Ferienparkbetreiber, für ein erfülltes Leben könnten diese beiden Aufgaben ausreichen. Doch nicht für Rudi Marx.

Ein paar Stichworte mögen genügen: Fast 40 Jahre im Gemeinderat Talling, 19 Jahre Ortsbürgermeister, 20 Jahre Fraktionsvorsitzender der FDP im Verbandsgemeinderat und 23 Jahre politische Arbeit im Kreistag und seinen Ausschüssen. Doch die Zahlen verraten wenig darüber, was er bewegt hat. In seiner Ägide als Ortsbürgermeister gelang es, die Umgehungsstraße in Talling zu bauen. Mit der Straße kamen Wasser- und Abwasserkanäle, der Kinderspielplatz, das Feuerwehrhaus und die Sanierung des Gemeindehauses. An der Realisierung des Hunsrückhauses am Erbeskopf hatte er erheblichen Anteil.

Bei so viel beruflichem Engagement kamen andere Dinge zu kurz: Das erste Mal machte Rudi Marx mit 40 Jahren Ferien. Für seinen weiteren "Unruhestand" hat er sich ein hohes Ziel gesteckt: "Ich will dreimal im Jahr in Urlaub fahren." In der Hinsicht hat er sicher Nachholbedarf.

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