Morgens Schüler, abends Aktionäre

MORBACH. Mit ihrer Firma "Frische Tische" wagen die Schüler der Morbacher Hauptschule Kurfürst Balduin erste Schritte als Unternehmer. Unterstützt werden sie dabei vom Institut der deutschen Wirtschaft.

Lohnzettel führen und Geschäftsberichte schreiben sind eigentlich keine alltäglichen Schulfächer. Bei 15- bis 16-Jährigen können sie dann und wann aber doch auf dem Stundenplan stehen. Und zwar bei Schülern, die sich für eine Teilnahme am "Junior"-Projekt (siehe Kasten) entschieden haben. Wie die Zehntklässler der Morbacher Hauptschule Kurfürst Balduin. Unter den Fittichen des Instituts der deutschen Wirtschaft haben sie die Ein-Jahres-Firma "Frische Tische" gegründet. Seither erleben sie als Produzenten und Restaurateure, Verwaltungsmitarbeiter und Techniker real, was es bedeutet, unternehmerisch tätig zu sein.Preisreduzierungen wie im wahren Leben

Beispiel Morbacher Weihnachtsmarkt: Mit Enthusiasmus hatten die Schüler Beistelltische mit Platten aus Glas beziehungsweise Mosaiksteinen hergestellt und diese auf dem Markt angeboten. Verkaufen konnten sie jedoch keinen. Also reduzierten sie danach den Preis von zuvor 89,90 auf 79,99 Euro inklusive Mehrwertsteuer und hoffen nun auf Interessenten. Den schleppenden Absatz der für zehn Euro angebotenen Vogelhäuschen, hergestellt aus Naturmaterialien, führen einige "Mitarbeiter" dagegen auf eine verbesserungsfähige Ausführung zurück. Erstmals von sich reden gemacht hatte das junge Unternehmen, als seine Mitarbeiter Betrieben und Geschäften vor Ort Aktien ihrer Firma anboten. Ihre Geschäftsidee konnte offenbar überzeugen: Binnen weniger Wochen waren 80 von 90 der Aktien - immerhin 89 Prozent - verkauft. Inzwischen hat die Firma auch zu einer Aktionärsversammlung eingeladen. "Wir haben unser Unternehmen vorgestellt, damit unsere Aktionäre wissen, was wir machen", erklärt "Unternehmensleiter" Sebastian Späder. Außerdem hätten sie bei diesem Treffen Rechnungsrevisoren gewählt, die im Laufe des ein Schuljahr währenden Geschäftsjahres die Buchführung kontrollieren. Auf die Idee mit den Tischen war laut Späder "Marketing-Leiterin" Katja Schimper gekommen. Alternative Vorschläge waren, so die Gonzeratherin, Tische aus Holz oder Metall gewesen. Wie die beiden identifizieren sich auch ihre "Kollegen" mit der eigenen Firma. "Ich find es gut, dass wir wissen, wie Finanzen funktionieren", sagt Zahlen-Fachfrau Victoria King, die überzeugt ist, das Erlernte später nutzen zu können. Vielleicht in einer eigenen Firma. Auch nach Ansicht von Annika Reinhard ist das "Junior"-Projekt "einfach eine gute Idee". Schüler könnten viel über Unternehmen lernen. Kollege Michael Kiefel bot zum Beispiel einen Buchführungs-Workshop an. Und zwar mit Erfolg, obwohl dies nicht eben eine leichte Aufgabe für ihn war: "Ich hab noch nie eine Präsentation gemacht." Für den Firmenpaten, Lehrer Peter Geisenhainer, ist das Besondere an der Aktion "Junior", dass von der Organisation bis zur Abwicklung alles "komplett in der Hand der Schüler" ist. Wozu schon einiges gehört. Wie bei den realen Lohnüberweisungen - die Schüler erhalten 60 Cent die Stunde - oder dem Abführen von Sozialversicherung und Lohnsteuer sowie der Berechnung von Vor- und Mehrwertsteuer. Was sie dafür wissen müssten, würden sich Jugendlichen anhand des Junior-Handbuches selbst aneignen und bereitwillig etliche Stunden ihrer Freizeit einbringen. Wer Interesse an den Produkten der Firma "Frische Tische" hat, kann sich an den Unternehmensleiter Sebastian Späder wenden, Telefonnummer: 06533/4010.

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