Nach dem Krieg war alles anders

MORBACH. Karl Denkel ist mit Morbach verwurzelt – sei es als Realschul-Konrektor, Initiator der Partnerschaft mit Pont-sur-Yonne, Gründer der Volkshochschule oder im Einsatz für Gemeinde und Vereine.

Die Studienbedingungen von Karl Denkel waren nicht die besten. Dennoch ist da keine Bitterkeit, wenn der Initiator der Partnerschaft mit Pont-sur-Yonne und Gründer der Volkshochschule Morbach zurück denkt. "Ich saß tagsüber mit Mantel, Hut und Schal im Sessel", erzählt der 90-Jährige von seiner Nachkriegs-Studienzeit. In einer ärmlichen Stube mit zerborstenen Fensterscheiben und bescheidener Einrichtung widmete sich der spätere Realschul-Konrektor Latein und Französisch. Doch trotz der Erinnerung an diese "furchtbaren Zustände" muss er auch schmunzeln. Zum Beispiel darüber, dass er an einer "Schiffs-Uni" in Kiel studierte – "es war ja alles kaputt" – während sich die Mäuse im Rumpf an Büchern und Notizen gütlich taten.Wer Denkel als engagierten Morbacher oder Lehrer (1952 bis 1979) kennt, kann sich das sicher schwerlich vorstellen. Dennoch waren diese Erlebnisse prägend für den vielfach Ausgezeichneten. Die Europa-Medaille hält er ebenso in Ehren wie die Freiherr-vom-Stein-Plakette, die Ehrennadel des Landes Rheinland-Pfalz und die Große Ehrung der Gemeinde Morbach, für die er als stellvertretender Ortsvorsteher, Beigeordneter und Ortsbeiratsmitglied aktiv war. Engagements wie mehr als 60 Jahre Singen, als Vorstand im Sportverein oder in Ausschüssen von Gemeinde und Kreis liefen da fast schon nebenbei.Dabei hatte Denkels Leben in ruhigem Fahrwasser begonnen. Nach dem, 1936 in Trier begonnenen, Studium der Theologie wollte er Priester werden. Die vier unteren Weihen hatte er bereits, als der Krieg seinen Lebensplan durchkreuzte: "Ein Jahr später wäre ich Sub-Diakon geworden." Schon viermal verwundet, woran ihn noch Splitter in Kinn und Rücken erinnern, traf ihn im Februar 1945 sein "Heimatschuss". Die Gefangenschaft ersparten ihm seine Kenntnisse in Englisch, Französisch, Latein, Griechisch und Hebräisch. Doch als er in Kiel sein Studium fortsetzte, kniete er sich nicht erneut in die Theologie. Er habe sich Gedanken gemacht, ob er der seelsorgerischen Verantwortung gerecht werden würde, so seine Begründung. Bereut hat er seine Entscheidung nie. Selbst nicht, als er mit schiefer Ebene und einem Reagenzglas Physik unterrichtete. Außerdem hätte er sonst nicht seine Agathe geheiratet und vier Töchter und einen Sohn mit ihr groß gezogen. "Ich hatte eine tolle Frau – wir waren sehr glücklich", erinnert sich Denkel mit großer Dankbarkeit. Agathes plötzlicher Tod vor sechs Jahren war ein schwerer Schicksalsschlag. Der zweite folgte nur wenige Monate später, als eine der Töchter, Mutter von drei Kindern, starb. Dass er selbst mit seinen 90 Jahren körperlich wie geistig fit ist, sieht Denkel als eine "Gnade", an der er die Kinder und neun Enkel mit seinen handgeschriebenen Lebenserinnerungen teilhaben lässt.Erinnerungen wird es auch am Wochenende reichlich geben, wenn in Morbach das Partnerschaftsfest "35 Jahre Morbach/Pont-sur-Yonne" gefeiert wird. Das Programm: Samstag, 12.30 Uhr Empfang, 16.30 Uhr offizielle Zeremonie mit Ansprachen, Musik- und Showprogramm, 20 Uhr Bunter Abend mit Ehrungen Partnerschaftsverband Rheinland-Pfalz-Burgund, 22.30 Uhr Großer Zapfenstreich, Tanzmusik; Sonntag, 10.30 Uhr Gottesdienst in Morscheid, 11.30 Uhr Frühschoppen, 14.30 Uhr Abfahrt. Es wirken mit: Spielmannszug Gonzerath, Harmonie de Pont, Gesangverein Morbach, Sophie-Scholl-Realschule, Monsieur Six, Geraberger Musikanten, Feuerwehren Pont, Geraberg und Morbach, Musikverein Morbach, Spielmannszug Hontheim, Grundschule Morscheid. Jugendkapelle Morscheid.

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