Nature One mit gelber Anakonda

Seit gestern Mittag mutieren die goldgelben Felder vor den Toren Hasselbachs zu einem riesigen Camping-Gelände. Das war der eigentliche Startschuss für die Nature One.

Hasselbach. Während die Techno-Freaks sich am Donnerstag beim Mixery-Opening auf das eigentliche Nature-One-Festival einstimmten, feilten Hunderte Techniker, Designer, Logistiker und weitere Helfer am letzten Feinschliff auf der Pydna. Seit Sonntag sind sie hier mit dem Aufbau der vier Hauptbühnen und 17 Klubs beschäftigt, die die frühere Raketenbasis am Wochenende zum Beben bringen. Allein 900 Tonnen an Ton- und Lichttechnik, 35 Kilometer Stromkabel und sechs Kilometer Gitterzäune werden für das größte deutsche Festival elektronischer Musik, die Nature One, in dieser Woche auf der Pydna verbaut. Das "Dreizehnte Land" — so das Motto in diesem Jahr — entsteht auf einer Größe von 85 Fußballfeldern; mehr als 300 DJs aus der ganzen Welt und 50 000 erwartete Besucher brauchen eben ein bisschen Platz.Bis zum Sonntag wollen sich die Raver auf vier Hauptbühnen und in 17 Klubs ihren ganz persönlichen Überblick über alle Stilrichtungen der elektronischen Musik verschaffen — tanzend, versteht sich. Die technischen Dimensionen sind gigantisch: So wird zum Beispiel der "Open-Air-Floor" mit einer Leistung von 300 000 Watt beschallt. In einer ufoförmigen Traversen-Konstruktion hängen 70 "Videostripes". 24 500 einzelne LED-Spots sollen hier in den Nächten auf Samstag und Sonntag die Nacht erleuchten. Die sechs Lasersysteme müssen mit 120 000 Liter Wasser gekühlt werden.Im nebenan stehenden "Century Circus", der zweiten großen Hauptbühne, wurden aus 50 hochtechnisierten, flexiblen Scheinwerfern und 600 Metern Aluminium Lichtblüten "gebastelt". Sechs Stück, jeweils so groß wie ein Kleintransporter, schweben unter dem Dach des Acht-Master-Zelts. Im "Classic Terminal" sorgen zwei jeweils 200 Quadratmeter große Gerüstwände, bespickt mit rund 60 Boxensystemen, für den harten Sound, den die Techno-Fans so lieben.Vom früheren Wachtturm der US-Streitkräfte aus, der wie ein Leuchtturm mitten auf dem ehemaligen Hochsicherheitstrakt Wind und Wetter trotzt, hat man den besten Überblick über das Geschehen. Wie die Ameisen wuselten am Donnerstag unzählige Techniker, Logistiker, Designer und weitere Helfer über das riesige Areal. Wege wurden angelegt, Zelte aufgebaut, insgesamt 37 Theken und 29 Kühlwagen installiert, Bühnen-, Licht- und Tonkonstruktionen von den Entwürfen auf dem Papier in die Realität umgesetzt. In der Küche werden in diesen Tagen rund 11 500 Essen für etwa 2000 Mitarbeiter gekocht.Trotz dieser immensen Zahlen herrschte keine sichtbare Hektik auf der Pydna. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Dazu gehörten auch Jörg Kemp und sein Chef Marco Kraus. Der Elektromeister ist geschäftsführender Gesellschafter der Koblenzer Firma Künster GmbH, die seit 13 Jahren die Nature One mit Strom versorgt. Denn ohne Watt und Volt läuft hier so gut wie gar nichts. Von fingerbreit bis oberarmdick sind die unzähligen Kabel, die rund zehn 7,5-Tonner-LKW füllen. Über drei feste und zwei mobile Trafostationen werden 7000 Ampere generiert. Das entspricht in etwa dem Strombedarf eines Dorfs mit 2500 Einwohnern. Über 120 Verteilerstationen wird der Strom dann bis in die kleinste Glühbirne weitergegeben.Das Lieblingsstück von Jörg Kemp und seinen Kollegen ist übrigens die "gelbe Anakonda": ein 155 Meter langes Mega-Kabel. Rund zwei Tonnen schwer, das allerdings nicht würgen kann wie die gleichnamige Schlange.

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