Neues Denkmal auf dem Thalfanger Samuel-Hirsch-Platz

Thalfang · Eine Metallskulptur erinnert seit gestern in Thalfang an den jüdischen Religionsphilosphen Samuel Hirsch. Sie steht für die von Hirsch gelehrten Werte, die auch heute noch von Bedeutung sind.

 Samuel Hirsch. Foto: TV-Archiv

Samuel Hirsch. Foto: TV-Archiv

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Religion, Freiheit, Humanität und Toleranz: Das sind die Begriffe, die die Betrachter des sogenannten Nachdenkmals auf dem Thalfanger Samuel-Hirsch-Platz zum Reflektieren und zum Nachdenken anregen sollen. In einer Feierstunde wurde die Skulptur von Ortsbürgermeister Burkhard Graul, der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der Landtagsabgeordneten Bettina Brück und Elmar Ittenbach vom Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang und Initiator des Denkmals im Beisein von etwa 200 Besuchern enthüllt.

Das 2,40 Meter hohe Nachdenkmal besteht aus einem stilisierten Obelisken mit einer Doppelpyramide auf der Spitze. Die oben genannten Begriffe sind mit Schildern auf dem Edelstahldenkmal angebracht. Sie stehen für Werte und Überzeugung des in Thalfang geborenen Rabbiners Samuel Hirsch.

Die Gemeinde Thalfang hat 9500 Euro in das Nachdenkmal und mehrere Tafeln investiert, die über das Leben und Wirken von Hirsch informieren. 7500 Euro davon hat die LAG Erbes kopf beigesteuert.

Der untere Teil der Skulptur ist dem Obelisken nachempfunden, der auf dem Grab von Hirsch in Chicago steht, erklärt Ittenbach. Die Doppelpyramide weist auf die göttliche und die menschliche Sphäre hin, die einerseits im Spannungsverhältnis miteinander stehen, aber durch einen Ring verbunden sind, der Liebe symbolisiert. Zusammen bilden sie ein Gedankengerüst, durch das die Betrachter zum Nachdenken angeregt würden.

"Zuallererst ist man Mensch, das war die Botschaft von Emil Hirsch an uns Jugendliche, der damit in der Tradition seines Urgroßvaters Samuel Hirsch steht", sagen Jasmine Ayachi, Markus Klar und Katharina Fetzer von der Thalfanger Erbeskopf-Realschule plus. Der in den USA lebende Emil Hirsch hatte die Schule bei einer Reise nach Thalfang besucht. "Toleranz bedeutet für uns Respekt gegenüber Andersdenkenden, Minderheiten und anderer Religionen, es bedeutet die Gleichberechtigung aller Menschen", sagen die drei Schüler. "Die Grundlage dafür ist Verständigung, das ist die Auffassung von Samuel Hirsch." Damit gelingt es ihnen, mit einem Verweis auf ihre Mitschüler aus Flüchtlingsländern und unter dem anerkennenden Applaus der Zuschauer, die mehr als 100 Jahre alte Lehre von Samuel Hirsch auf die Gegenwart zu übertragen.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist in ihrer Laudatio auf die Person Samuel Hirsch eingegangen. Der Rabbiner sei ein Vertreter des liberalen und progressiven Judentums gewesen, der die Religion der Liebe und der Toleranz gelebt habe und damit ein Vordenker der toleranten Gesellschaft gewesen sei. "So wie er es in Thalfang erlebt hat", sagt sie. Mitte des 19. Jahrhunderts sei ein Viertel der Thalfanger Bevölkerung jüdisch gewesen.

"Hier hat ein Zusammenleben ohne Probleme stattgefunden", sagt Landrat Gregor Eibes. Die von Samuel Hirsch gelebten Werte seien wichtiger denn je, ohne sie sei eine Gesellschaft nicht möglich.

Man müsse heute Samuel Hirsch für seinen Kampf um eine progressive jüdische Lebensweise dankbar sein, sagt Irith Michelsohn von der Union Progressiver Juden in Deutschland. Michelsohn: "Sein Leitspruch ,Verständigung ist das Losungswort unserer Zeit' sollte uns Mahnung und Erinnerung sein und uns gerade in der heutigen Zeit eine Weitsicht und Offenheit und der Blick auf andere Kulturen und Religionen ohne Vorbehalte Verpflichtung sein."MeinungSeiner Zeit weit voraus

Die Werte, für die Samuel Hirsch vor 150 Jahren eintrat, haben heute mehr Bedeutung denn je. Ja, es scheint, als sei Hirsch schon fast ein Prophet gewesen. Schließlich kam auch er einmal als Fremder in die USA, musste sich in einer neuen, ungewohnten Umgebung an die Gegebenheiten und Gepflogenheiten anpassen. Ja, er hat sich im besten Sinne in die US-amerikanische Gesellschaft integriert und ist dabei seinem mora lischem Kompass treu geblieben. Toleranz, Offenheit und Weitsicht sind eben universelle Werte, die überall auf dem Planeten ihre Gültigkeit haben. Das beweist auch der Erfolg seiner Religionsphilosphie, die darauf bedacht ist, sich den Gegebenheiten anzupassen, ohne den Kern ihrer Werte aus dem Auge zu verlieren. Ein Beispiel: Er setzte sich dafür ein, den Feiertag Sabbat vom Freitag auf den in Europa und den USA üblichen Feiertag am Sonntag zu verlegen. hp.linz@volksfreund.deExtra: ZUR PERSON

 Das enthüllte Nachdenkmal mit Ortsbürgermeister Burkhard Graul, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Landtagsabgeordnete Bettina Brück und Elmar Ittenbach, Initiator des Nachdenkmals. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Das enthüllte Nachdenkmal mit Ortsbürgermeister Burkhard Graul, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Landtagsabgeordnete Bettina Brück und Elmar Ittenbach, Initiator des Nachdenkmals. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Samuel Hirsch wurde am 8. Juni 1815 in Thalfang geboren. Mit 13 Jahren verließ er sein Elternhaus, um an den Talmudschulen in Metz und in Mainz zu studieren. Ab 1835 besuchte er ohne Abitur die Universität in Bonn und studierte Philosophie, Geschichte, Psychologie, Alte Sprachen, Anthropologie, Literatur und evangelische Theologie. 1837 wechselte er nach Berlin, ab 1839 war er zwei Jahre lang Landesrabbiner in Dessau. 1843 wurde Hirsch Luxemburger Großrabbiner, 1866 ging er mit seiner Familie nach Philadelphia. 1889 starb Samuel Hirsch in Chicago.

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